Adele in der Quarterlife Crisis

Nach vier langen Jahren ist es endlich da: „25“ – das neue Album von Adele. Sarah Ashrafian hat sich das Werk angehört und erkannt: der britische Soul-Star scheint in eine melancholische Krise geraten zu sein.

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Der Titelsong „Hello“ von Adeles neuem Album eroberte im Sturm die Herzen all ihrer Fans. Und das zu Recht. Darin spricht sie auf den Anrufbeantworter einer verflossenen Liebe. Die klassische Adele-Ballade findet die perfekte Balance zwischen trauender Reue und dem Wunsch nach Aussprache. Musikalisch wie textlich wird das Ganze durch eine Menge Pathos unterstützt. Das Ergebnis: eine leicht melancholische, aber wunderbar gefühlvolle Ballade, die viel für das folgende Album versprach.

Seit Ende November ist Adeles drittes Album nun zu kaufen. Wie auch seine Vorgänger trägt es ihr Alter während der Komposition als Titel – „25“. Die Titelauswahl scheint zunächst unverfänglich. Leider ist es aber genau diese, die den Hörer durch das ganze Album hindurch schmunzeln lässt.

Auf dass die Melancholie gewinnt

Denn in sämtlichen Texten blickt Adele auf ein Leben zurück, auf das sie nicht stolz zu sein scheint. Sie weiß: sie ist „not the only one who regrets the things they’ve done“.Und sie geht sogar noch weiter. Denn ihr eigenes Spiegelbild können sie laut dem Songtext von „A million years ago“ nicht mehr ertragen. Da stellt sich dem Zuhörer die Frage: Singt sie da wirklich gerade über sich selbst?

Schließlich ist die junge Dame 25, daran hat sie alle ja auch noch einmal mit der Titelgebung des Albums erinnert. Aber anscheinend hat sie in diesem zarten Alter schon so viel Lebenserfahrung, dass sie über ihr Leben sinnieren und das Ganze sogar reflektieren kann – Respekt! Auf den Zuhörer wirkt dies aber eher unglaubwürdig und ein wenig befremdlich.

Alles nur Adeles Schuld – jedenfalls fast

Nicht nur in den Texten ist das Muster der allumfassenden Reue wiederzufinden. Durch permanente Seufzermotive ist es unmöglich für den Hörer, Adeles Selbstmitleid auch nur eine Sekunde zu vergessen. An sich ist dies musikalisch gut umgesetzt. Leider geht der Text vor lauter Schluchzen hin und wieder unter.

Ein paar schnellere Songs versuchen die pathetische Stimmung ein wenig aufzulockern, richtige Up-Tempo-Nummern sind allerdings nicht zu finden. In drei Liedern ist jedoch nicht die typische Adele-Ballade zu erkennen. Eines davon trägt den Namen „River Lea“. Das Lied stellt in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme dar, denn hier zeigt sich zum ersten Mal die Britpop-Komponente des Albums. Außerdem lautet die Antwort auf die Frage, wer schuld an ihrem verwirkten Leben sei, ausnahmsweise mal nicht: Ich. „I blame it on the River Lea“ – der Fluss ist schuld.

Trotzdem gibt es Momente, in denen die Stimmung von „25“ genau das Richtige ist. Besonders an regnerischen Nachmittagen, wenn es mal wieder so weit ist, sich in einem kleinen November-Blues zu verlieren. Momente, in denen der schon fast triefende Kitsch einiger Lieder zelebriert und das Suhlen in Selbstmitleid beginnen kann.

Für das nächste Album noch ein kleiner Tipp: Adele sollte sich noch weitere 25 Jahre Zeit gönnen, um ein Album über all ihre falschen Lebensentscheidungen aufzunehmen. Dann könnte das Ganze authentisch wirken und nicht wie ein verfrühter Rückblick auf ein noch kaum begonnenes Leben.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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