Wenn Töchter älter sind als ihre Väter

Was haben Relativitätstheorie und Interstellar gemeinsam? So ziemlich alles – sagt zumindest Physiker Kip Thorne, der zum hundertjährigen Jubiläum der Theorie eine etwas andere Einstein Lecture hielt. Von Julian Daum

Thorne hat für die Darstellung der schwarzen Löcher und Planeten im Film  „Interstellar" alles genau berechnet. Bild:  Flickr, Aegaeus Mann (CC BY-SA 2.0)

Thorne hat für die Darstellung der schwarzen Löcher und Planeten im Film „Interstellar” alles genau berechnet. Bild: Flickr, Aegaeus Mann (CC BY-SA 2.0)

Stanley Kubricks „Space Odyssee“, „Star Trek“ oder „Zurück in die Zukunft“; nicht erst seit „The Big Bang Theory“ dürfte klar sein, dass sich Wissenschaft und Popkultur immer wieder gegenseitig befruchten. Am vergangenen Mittwoch wurde deutlich, dass sowohl Physik als auch Science Fiction in ihrer modernen Form ohne Albert Einstein nicht möglich wären.

Physik-Ikone Kip Thorne vom California Institute of Technology erläuterte im Rahmen der 15. Einstein Lectures der FU unseren heutigen Blick auf das Universum durch die Relativitätstheorie – anhand von Christopher Nolans jüngstem Meisterwerk „Interstellar“.

Thorne ist der geistige Vater von Interstellar, der Film beruht auf seinen Vorstellungen von schwarzen Löchern und Zeitreisen. Seine sonore Stimme ist warm und durchdringend. Wie ein Nerd älteren Semesters erklärt er dem vollgestopften Henry-Ford-Hörsaal mit kindlicher Begeisterung, dass Nolans bildgewaltige Vision vom Reisen durch schwarze Löcher wissenschaftlich plausibel ist – wenn auch nur theoretisch.

Größer als alles Bekannte

Thornes Idee war ein Film, der im Kern auf Einsteins Relativitätstheorie beruht: auf der Krümmung von Raum und Zeit, die theoretisch auch Zeitreisen möglich macht. Die Nolan-Brüder schrieben dann das Screenplay dazu: Über den Astronauten Cooper, der unter anderem durch ein schwarzes Loch reist, um seiner Tochter Botschaften zur Rettung der Welt in die Vergangenheit zu senden.

Durch ein schwarzes Loch reisen? Unmöglich, behaupten viele Wissenschaftler. Die massiven Gezeitenkräfte, die umgekehrt proportional zur Masse des schwarzen Lochs wirken, würden alles und jeden auseinander reißen. Im Film jedoch ist das supermassive „Gargantua“ so riesig, dass die Kräfte auf einen kleinen Astronauten keine gefährlichen Auswirkungen mehr haben. Das schwarze Loch musste dafür größer als alle bis dato bekannten schwarzen Löcher dargestellt werden.

Wissenschaft und Kino

Der Film greift außerdem die Verlangsamung der Zeit auf. Die auf der Erde zurückgebliebene Tochter des Astronauten ist am Ende älter als ihr Vater. Dieser befindet sich zwischenzeitlich auf einem Planeten in der Nähe von Gargantua. Je geringer die Distanz zum Ereignishorizont eines schwarzen Lochs ist, desto langsamer läuft die Zeit ab. Eine Stunde auf diesem Planeten entspricht somit sieben Jahren auf der Erde. Auch hier befinden wir uns auf stark theoretischer Ebene: Um den Zeitunterschied so groß gestalten zu können, musste die Masse von Gargantua entsprechend errechnet werden – und ist deswegen so gigantisch geraten.

Thornes Erläuterungen machen Einsteins Theorie mit der Untermalung der Filmauschnitte auch für ein breiteres Unipublikum zugänglich. Dass Forschung und cineastische Liebhaberei so unterhaltsam zusammentreffen, dürfte im alltäglichen Tagungs- und Vorlesungsbetrieb wohl eher eine Seltenheit sein. Die Anwesenden können sich glücklich schätzen: Nach eineinhalb Stunden sind sie um physikalisches Wissen und einige Anekdoten reicher.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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