Die Uni, dein Zuhälter

Einige Hochschulen in Deutschland führen Listen mit den Namen ihrer besten Studenten. Diese Aufstellungen verkaufen sie dann an große Unternehmen. Das ist eine Unverschämtheit, findet Sophie Krause.

montagskommentar_edited

Diese Nachricht hat uns aufhorchen lassen: „Günstige Dates mit Top-Studis“ titelte die „taz“ in der vergangenen Woche. Was nach Tinder-Verabredung klingt, ruft in Wahrheit milliardenschwere Unternehmen auf den Plan. Hier geht es um eine besondere Kooperation: Die Goethe-Universität in Frankfurt am Main vermittelt großen Firmen ihre besten Studenten – für bis zu 7.500 Euro. Eine Liason, die Studenten zu Recht lautstark protestieren ließ.

An der FU sind solche Listen mit Top-Studis bislang nicht aufgetreten. Doch das Verfahren wurde oder wird nach taz-Informationen an mindestens zehn deutschen Hochschulen praktiziert: Auf einer sogenannten Dean’s List notiert der Dekan eines Fachbereichs jedes Semester die besten fünf Prozent der Studenten eines Jahrgangs. Meistens betrifft das die Wirtschaftswissenschaftler. Ein Platz auf der Bestenliste verspricht ihnen einen erleichterten Berufseinstieg und die Unterstützung von Profis bei der Karriereplanung. Große Firmen und Unternehmen wie McKinsey oder Price-Water-House-Coopers kaufen diese Listen und rekrutieren dadurch hochqualifizierten Nachwuchs. Manche spenden sogar zusätzlich direkt an die Fachbereiche und bieten Plätze für Praktikanten oder Werkstudenten an. So wollen sie früh mit dem Nachwuchs in Kontakt kommen.

Extrawurst für die Elite

Was aus Sicht mancher Studenten nach einer ganz tollen Idee klingt, ist im Grunde nur unverschämt. Die Unternehmen nutzen die – in Hinblick auf ihre Berufschancen oft entmutigten – Studenten schamlos aus. Sie werben sie an, noch bevor sie sich auf dem Arbeitsmarkt zurechtfinden können. Zukunftsangst und Unsicherheit werden viele dazu bewegen, ein solches Angebot anzunehmen. Ferner erhöhen auch die Universitäten den Druck auf die Studenten, wenn sie solche Angebote auch noch fördern. Was die Unis hier betreiben, ist nicht weniger als Zuhälterei: Sie vermitteln ihre bedrängten Studenten für Geld an große Unternehmen.

Die Universitäten selektieren, statt zu egalisieren: Sie bevorzugen hier die vermeintliche Elite, die das Bildungssystem züchtet. Viele der gut-benoteten Studenten sind Privilegierte, die vor allem durch eine finanziell besser gestellte Situation so weit gekommen sind. Wer sein Studium mit einem Nebenjob finanziere und sich teure Lehrmittel nicht leisten könne, gehöre vermutlich nicht zu den besten fünf Prozent, argumentiert Anja Krüger in der taz folgerichtig. Die Studenten werden anhand von Noten auserlesen, die nichts über ihre eigentlichen Qualifikationen aussagen.

Die Unis sind Getriebene

Dabei darf nicht vergessen werden: Die Hochschulen sind von ökonomischen Zwängen getrieben. Sie sind chronisch unterfinanziert und daher von Drittmitteln abhängig: Die freie Wirtschaft bezahlt den Unis Professuren und Auftragsforschung. So entsteht eine einseitige Abhängigkeit. Die Goethe-Universität deckt heute ein Drittel ihres Gesamtbudgets von knapp 200 Millionen Euro mit Drittmitteleinnahmen. Fakt ist: Die Hochschulen machen sich den Firmen untertänig, nicht der freien Lehre und Forschung.

Das System der Unternehmen ist perfide, denn sie nutzen die Abhängigkeit der Studenten und Hochschulen dreist aus. Deshalb sollten die betroffenen Hochschulen ihre Verträge mit der freien Wirtschaft offenlegen und solche Geschäfte schnellstmöglich beenden. Schade vielleicht für die glücklichen fünf Prozent, denen die „EliteExtrawurst” gebraten wird. Gerecht wäre das für die übrigen 95 Prozent, die mindestens genau so qualifiziert sind. Seitens der Hochschulen sollte der Verzicht auf die Elite-Zuhälterei selbstverständlich sein.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

Ähnliche Artikel

1 Response

  1. Nick sagt:

    Ich studiere in Frankfurt. Ich studiere WiWi. Lustig, dass diese Kritik sogar in der Bundeshauptstadt wahrgenommen wird. Du solltest allerdings wissen, dass diese Kritik nicht von Studenten aus der Mitte des Fachbereichs kommt, sondern seinen Ursprung im Asta hat bzw mit ihm verwurzelt ist. Die Studenten des FB’s halten die Dean’s List selber für durchaus sinnvoll. Sie ist einer des Aspekte, die die Goethe Uni so attraktiv für VWLer und Finance Studenten als Aubsildungsstandort macht. Auch die Andeutung, die Uni würde sich an diesen 7.500€ bereichern stimmt so nicht. Meines Wissens nach wird dieses Geld für die Organisation der Banketts und der ideellen Förderung benutzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.