Solidarischer Krieg

Was haben Bundesregierung, Bundeswehr und ein UN-Mandat gemeinsam? Nichts, zumindest wenn es um den Militäreinsatz in Syrien geht. Über dessen Bedeutung sprach Ronny Ebel mit Maria Krisinger, die sich einem offenen Protestbriefes anschloss.

Maria Krisinger ist eine der Unterzeichnerinnen eines offenen Briefes gegen den Syrieneinsatz. Foto: privat
Maria Krisinger unterzeichnete einen offenen Brief gegen den Syrieneinsatz. Foto: privat

FU-Studentin Maria Krisinger ist Trainerin für gewaltfreie Konfliktbearbeitung. Vor Kurzem unterzeichnete sie aus Protest eines offenen Briefes der Fachschaft der Friedens- und Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg, in dem klar Stellung gegen den Syrieneinsatz bezogen wird.

FURIOS: Im Dezember beschloss der Bundestag mit Mehrheit der Bundesregierung den Auslandseinsatz der Bundeswehr in Syrien. Bisher ist diese in mehreren Ländern stationiert. Ist der Einsatz in Syrien dann nicht nur ein weiterer Fall oder unterscheidet er sich von denen, die in der Vergangenheit beschlossen wurden?

Maria: „Was ihn besonders macht, ist, dass es kein UN-Mandat für ihn gibt und er somit völkerrechtswidrig ist. Die Bundesregierung beruft sich unter anderem auf Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags. Dieser besagt, dass der Mitgliedsstaat, der angegriffen wurde, Unterstützung anderer Mitgliedsstaaten erhält. Das bedeutet aber nicht, dass solidarische Handlungen – so wie hier in einer militärischen Form – über Völkerrecht stehen. Außerdem hat Syrien Frankreich nicht angegriffen und wenn man Syrien als Reaktion angreift, verletzt man die Territorialhoheit Syriens.“

Ist der ‚Krieg gegen den Terror‘ denn nicht per se gerechtfertigt?

„Nein! Der ‚Krieg gegen den Terror‘ wird den Terror nur befeuern.“

Einsatz von Gewalt fördert noch mehr Gewalt? Somit könnte sich durch den Einsatz der Bundeswehr in Syrien die Gefahr von Anschlägen in Deutschland erhöhen.

„Meiner Ansicht nach ja. Man macht sich keine Freunde, wenn man dabei hilft, Bomben abzuwerfen.“

Gäbe es denn andere Handlungsmöglichkeiten oder existiert nur die militärische Option?

„Ja, es gibt andere Handlungsmöglichkeiten. Die, die mit den IS in irgendeiner Form kooperieren, sollten ihre Zusammenarbeit beenden. Deutschland und andere beteiligte Staaten, sollten ihre Angriffe, auch zum Schutze der Zivilbevölkerung stoppen. Ebenso sollte die US Air Base Ramstein in Deutschland geschlossen werden. Denn was den Drohnenkrieg angeht, läuft nichts ohne Ramstein. Und um die Entstehung von Terrororganisationen generell entgegenzuwirken, sollten die Waffenlieferungen ebenfalls eingestellt werden. Denn durch Waffen werden Konflikte gewaltvoll ausgetragen, statt mit anderen Mitteln bearbeitet. Und Waffen aus Deutschland können eben auch in die Hände der IS fallen.“

Dieser Einsatz wird also das politische Geschehen in Deutschland nachhaltig verändern?

„Das lässt sich schwer sagen. Außenminister Steinmeier sagte, dass es kein kurzer Interventionseinsatz werden soll. Das heißt, es ist ihnen schon bewusst, dass dieser Einsatz vermutlich mehrere Jahre dauern wird. Und das wird die politische Ausrichtung im Nahen Osten definitiv verändern. Aber hier in Deutschland hängt es wohl eher von der Stimmung der Bevölkerung und ihren Handlungen ab. Also davon, wie ihre Haltung zum Krieg ist und ob sie diese auch zum Ausdruck bringen.“

Laut Beschluss soll die Bundeswehr zwar keine Waffenhandlungen ausführen, jedoch andere Streitkräfte bei der Ausübung von Waffengewalt anderweitig unterstützen. Die Bundesregierung unterstützt also einen Kriegseinsatz, ohne selbst dafür die Verantwortung übernehmen zu wollen. Eine moralisch fragwürdige Haltung.

„Sie tragen Verantwortung, in dem sie mithilfe der Tornados (Jets), den Koalitionspartnern die Daten der möglichen Ziele liefern. Mit einem völkerrechtswidrigen Einsatz machen sich die Beteiligten strafbar. Dabei ist es irrelevant, ob man eine Bombe selbst wirft oder die Ziele dafür liefert.“

Dient demnach der Syrien-Einsatz der Bevölkerung in Syrien oder ist er in seiner Gestalt maßgeblich als europäische Sicherheitspolitik zu werten?

„Ich glaube, er dient nur den Zielen westlicher Politik und nicht der Bevölkerung Syriens, denn Bombenangriffe helfen keiner Bevölkerung.“

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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