Was machen eigentlich Nonnen und Priester, wenn sie nicht gerade Hostien knabbern und Messwein schlürfen? Das Tanzbein schwingen wäre noch zu milde ausgedrückt. Von Ulrike Runge
Betrunken stolpere ich aus einer Kneipe in Poznan. Auf dem Heimweg gerate ich irgendwie auf ein kostenloses Metal-Open-Air. Die Gitarren kreischen, der Sänger grölt ins Mikro, die Fans jubeln ihm zu – genau mein Ding.
Aber warum streckt niemand der Band die gehörnte Metalhand entgegen? Und wieso steht auf der Bühne eigentlich ein Kreuz?Mit einer leisen Ahnung schaue ich mich weiter in der Halle um. Teenager mit schwarzen Kapuzenpullovern, Mädchen mit Dreadlocks und vor mir schüttelt eine Nonne ihre Tracht. Moment mal – eine Nonne? Tatsächlich, da steht sie und headbangt ekstatisch im Takt.
Auf dem T-Shirt des Tontechnikers prangen Maria und ein Baby-Jesus. Anderswo nehmen ältere Herren in Priesterkutten die Brille eines aufgeregten Mannes entgegen. Er verschwindet sofort wieder in der pogenden Masse. Seine Hände sind in die Luft gereckt und formen ein Dreieck. Andere tun es ihm gleich. Jetzt höre ich es auch: „JESUS!”, brüllt der Sänger ins Mikro. Nun bleibt kein Zweifel: Ich bin auf einem katholischen Metalkonzert. Die zum Dreieck geformten Hände sollen wohl die Dreifaltigkeit darstellen. Jetzt weiß ich auch, wieso hier niemand die Metalhand macht – hier gibt der heilige Geist den Beat an.