Monet statt Karies

Birgit Krüger könnte gut als Dozentin durchgehen. Doch im Hörsaal sitzt sie auf der anderen Seite des Pults. Die 54-Jährige ist Gasthörerin an der FU. Warum tauschte die Zahnärztin den Bohrer gegen Blackboard? Von Eva Famulla

Birgit Krüger ist auf dem besten Weg, doch noch Museumsdirektorin zu werden. Foto: Eva Famulla

Birgit Krüger ist auf dem besten Weg, doch noch Museumsdirektorin zu werden.
Foto: Eva Famulla

Der Dozent schaut in die Runde: „Gibt es noch Fragen?“ Die meisten Anwesenden starren betreten vor sich hin. Wenn sich aus der phlegmatischen Menge dann doch ein Arm in die Höhe reckt, gehört er oft einem etwas ungewöhnlichen Seminarteilnehmer: einem Gasthörer.

Rund 2.350 von ihnen nehmen jedes Jahr das Gasthörerprogramm an der FU in Anspruch. Seit diesem Semester ist auch Birgit Krüger dabei. Die 54-jährige Zahnärztin hatte Lust auf etwas Neues. Ihren Beruf übt sie momentan nur in Teilzeit aus. „Ich habe mich sehr spontan entschieden, am Gasthörerprogramm teilzunehmen.“

Die Gasthörer-Card öffnete ihr an der FU viele Türen. Sie kostet um die 200 Euro, Interessierte können sich zwischen zwei Varianten entscheiden: Das klassische Programm ermöglicht den Hörern, sich an regulären Veranstaltungen zu beteiligen. Und dann gibt es noch das Art-Programm mit zusätzlichen Kunstgeschichtskursen nur für Gasthörer. Insgesamt umfasst es 170 Kurse pro Semester. Ein einzigartiges Angebot, wie Koordinatorin Felicitas Wlodyga betont: „In dieser Komplexität und diesem Umfang ist das Programm wirklich etwas ganz Besonderes.“

Und: Es steht allen Menschen offen, bestimmte Zugangsvoraussetzungen gibt es nicht. Entgegen der Wahrnehmung vieler Studenten ist es auch nicht an eine bestimmte Altersgruppe gebunden. „Die größte Gruppe sind natürlich Menschen, die nicht mehr arbeiten. Aber auch ganz junge sind manchmal dabei, um sich den Studienalltag anzuschauen. Zum Beispiel, weil sie keinen Studienplatz bekommen haben“, sagt Koordinatorin Wlodyga.

Birgit hat sich für das Art-Programm entschieden. Es ist nicht das erste Mal in ihrem Leben, dass sie sich neuen Herausforderungen stellt. Denn richtig erfüllt habe sie ihr Zahnarztberuf nie. Die Begeisterung für die Arbeit habe irgendwann einfach gefehlt. Darum folgte auf das Studium eine Fortbildung für zahnärztliche Hypnose, eine Ausbildung zur Heilpraktikerin und später eine für Homöopathie. Was noch alles kommen werde, weiß Birgit nicht. Vor Kurzem sagte eine gute Freundin zu ihr: „Du solltest Museumsdirektorin werden!“ Das sei natürlich ein sehr hoch gestecktes Ziel, meint Birgit lachend. Aber man könne ja nie wissen. Erstmal geht sie im Gasthörerprogramm ihrer Leidenschaft für die Künste nach. Als Gasthörerin genießt sie viele Freiheiten. Für ihre Kurswahl gibt es keine Vorgaben, Leistungsnachweise muss sie nicht erbringen.

Doch das Studium hat auch seine Tücken: Als Birgit zuletzt an der Uni war, war die Technik vom E-Learning noch weit entfernt. Heute benutzen Studierende ganz selbstverständlich Plattformen wie Blackboard oder Campus Management. Für einige Gasthörer ist das eine Herausforderung. Darum bietet die FU spezielle Einführungskurse in die digitalen Systeme. Birgit ist von den Neuerungen begeistert: „Sich Texte im Internet runterzuladen, geht so schnell!“

Noch mehr freut sie sich aber auf ihre Lehrveranstaltungen. Als erstes steht „Einführung in die großen Themen der Malerei“ auf dem Lehrplan, unterrichtet wird in der Berliner Gemäldegalerie. Vielleicht ist dort ja auch der zukünftige Arbeitsplatz der potenziellen Museumsdirektorin.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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