Ein Film wie ein Rechnungsprüfer

Vier Filmstars bringen in „The Big Short“ den Zuschauern die Ursprünge der Finanzkrise näher. Was zuerst spröde klingt, entpuppt sich als unterhaltsame Exkursion in die Abgründe der Finanzwelt. Von Lukas Burger

Wer Männer in Anzügen und hitzige Gespräche mag, wird „The Big Short" lieben. Foto: Presse

Wer Männer in Anzügen und hitzige Gespräche mag, wird „The Big Short” lieben. Foto: Presse

Kann ein Film über die Finanzkrise gleichzeitig eine lockere Feel-Good-Komödie sein? Im Trailer gibt sich der Film „The Big Short“ als genau das aus. Liebenswürdig schräge Charaktere, lockere Sprüche und Szenen, die das dekadente Bankwesen und seine Mechanismen ad absurdum führen. Und auch wenn sich all dies im Film findet, geht man eher nachdenklich als amüsiert wieder nach Hause.

„The Big Short“ ist die Verfilmung eines Sachbuches über die weltweite Finanzkrise. Das merkt man auch in jeder Minute: Beinahe pausenlos werden Fakten und Zusammenhänge präsentiert. Der Film handelt von ein paar Außenseitern in der Finanzwelt, die das Platzen der Immobilienblase und die damit verbundene Weltwirtschaftskrise frühzeitig kommen sehen. Sie beschließen von der Ignoranz der Banken zu profitieren, indem sie gegen ein System spekulieren, dessen Einsturz außer ihnen noch keiner kommen sieht. Aus der Perspektive seiner Protagonisten rechnet der Film mit den Verursachern der Finanzkrise ab.

Von einem Haufen Exzentriker

Die Protagonisten werden allesamt als sympathische Sonderlinge präsentiert, denen man bei ihrem Kampf gegen das System gerne die Daumen drückt. Dass der Cast des Films vier der größten Stars der letzten Dekade vereint, ist nicht nur ein Marketingcoup, sondern macht sich auch künstlerisch bezahlt. Ob Christian Bale einen Finanzexperten spielt, dessen autistische Züge mit seinem brillanten Verstand Hand in Hand gehen, Ryan Gosling den schmierigen Banker gibt oder Steve Carell den cholerischen Hedge-Fonds Verwalter: sie alle spielen mit großer schauspielerischer Klasse. Auch Brad Pitt macht sich tadellos als pensionierter Finanzexperte, hält sich aber als Normalo unter den ganzen Exzentrikern eher im Hintergrund.

Die schauspielerischen Leistungen täuschen allerdings nicht darüber hinweg, dass „The Big Short“ sich an vielen Stellen wie eine Dokumentation anfühlt. Schließlich behandelt er ein komplexes Thema, für das ein Verständnis von komplexen wirtschaftlichen Vorgängen und Fachtermini Voraussetzung ist. Dies löst der Film originell, indem komplizierte Sachverhalte von Prominenten wie der Schauspielerin Margot Robbie oder dem Disney-Sternchen Selena Gomez anschaulich erklärt werden. Das ist zweifelsohne hilfreich, trotzdem fühlt man sich als Zuschauer oft der Überforderung nahe.

Unterhaltsame Klettertour durch den Kapitalismus

Der Film gleicht einem wilden Parforceritt durch die Ereignisse, die er aufarbeitet. Es wird munter durch die Handlungsstränge gesprungen, schnell geschnitten und auf Ruhepausen verzichtet Während das Tempo konstant bleibt, ändert sich im Verlauf des Films jedoch dessen Stimmung. Herrscht zu Beginn eine ironische Distanz zu den erzählten Ereignissen und Figuren, verschiebt sich der Ton später immer stärker ins Moralische.

Anders als die Absurdität des Finanzwesens wird die Wut der Protagonisten auf das System nicht ironisch verzerrt. Sobald diesen die Auswirkungen der Krise bewusst werden, bleibt einem auch als Zuschauer das Lachen immer öfter im Hals stecken. So ist der Film nicht die leichte Unterhaltung, die im Trailer suggeriert wird, bietet aber dennoch seit Langem den unterhaltsamsten Einblick in die Abgründe des Kapitalismus.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.