Prunk der Vergangenheit

Ihr wollt eure neue holländische Flamme mit der Historie zwischen Brandenburg und den Niederlanden beeindrucken? Oder seit Ewigkeiten einen echten Van Dyck sehen? Nina Rupprecht nutzte die vorlesungsfreie Zeit für einen Besuch im Schloss Oranienburg.

Das Schloss Oranienburg an einem düsteren Wintertag. Foto: Nina Rupprecht

Als ich mit meiner Begleitung den S-Bahnhof Oranienburg erreiche, durchfährt mich ein leichter Schauer. Bei meinem letzten Besuch besichtigte ich hier das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen, das sich ebenfalls in dieser kleinen Stadt in Brandenburg befindet. Nun aber folgen wir den Wegweisern in Richtung des Schlosses Oranienburg, das einen guten Kilometer vom Bahnhof entfernt liegt.

Bereits von Weitem erkennt man das weiße Gebäude, das an diesem düsteren Wintertag schon fast strahlend erscheint. Doch steht man direkt davor, wirkt es klein, der Eingang ist verziert mit dem knallig orangen Werbeslogan „800 Jahre Oranienburg“, der nicht wirklich zu einem barocken Schloss passt.

Im Schloss wird Geschichte lebendig

Wir kaufen uns ein Ticket mit Führung, um möglichst viel über das Schloss zu erfahren. Die Möglichkeit, die Schlosszimmer auf eigene Faust zu erforschen, besteht ohnehin nur zwischen April und Oktober. Eine halbe Stunde später geht es los, wir sind die Einzigen, die sich an diesem Samstagnachmittag hierher verirrt haben. Die Museumsführerin beginnt uns dennoch motiviert den ersten Raum mit einigen imposanten Gemälden zu zeigen. Darauf zu sehen ist fast immer die angeheiratete Kurfürstin Louise Henriette. Die niederländische Prinzessin von Oranienburg war Auftraggeberin des Schlosses und letztendlich Namensgeberin für den Ort Oranienburg.

Zahlreiche Gemälde und aufwendige Teppiche zeichnen in der folgenden einstündigen Führung die Geschichte Brandenburgs und Preußens nach. Die Bilder lassen uns abtauchen in eine Welt der strategischen Kriegsführung und Skandale, die zwar wenig mit unserer eigenen Wirklichkeit zu tun hat, aber dennoch zeigt, wie ähnlich die Motive denen der heutigen Machthabern waren. Auch vereinzelte Stücke chinesischen Porzellans sowie imposante Silberkrüge, die die finanziellen Notlagen der Adelsfamilie überlebt haben und nun wieder aufbereitet im Tresor-Zimmer liegen, unterstreichen dieses Bild.

Nicht nur harmonische Zeiten

Doch obwohl versucht wurde, die Zimmer im barocken Stil herzurichten, kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass hier ein Bruch stattgefunden hat. So wird während der Führung auch erwähnt, dass das Schloss aufgrund finanzieller Not verkauft wurde. Zuerst war hier eine Baumwollfabrik untergebracht, später wurde industriell Schwefelsäure hergestellt. In der NS-Zeit zog die SA hier ein. Zu DDR-Zeiten befand sich in dem Gebäude eine Kaserne der NVA.

Kein Wort verliert die Erzählerin darüber, dass sich 2 Kilometer vom Schloss entfernt das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen befindet. Wahrscheinlich hofft sie mit ihren Erzählungen über die Elfenbeinmöbel den Fokus auf die erste, vergleichsweise harmonische Zeit des Schlosses Oranienburg zu lenken. Dabei gibt gerade die industrielle und militärische Nutzung dem kleinen weißen Bauwerk ein Alleinstellungsmerkmal und damit auch eine andere historische Bedeutung.

So bleibt das Schloss ein interessanter Ort, um einige schöne Kunstwerke und Antiquitäten zu genießen – die Einordnung in den historischen Kontext muss der Besucher jedoch selbst übernehmen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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