Wer, wenn nicht wir?

Die prekären Beschäftigungsverhältnisse an Universitäten sind in aller Munde. Immer häufiger werden auch Studierende zu Semesterbeginn mit dem Thema konfrontiert. Zu Recht, findet Annalena Vitz.montagskommentar_edited

Die ersten Semesterwochen sind vorbei. Doch trotz der allgegenwärtigen „Dieses-Semester-wird-alles-besser“-Einstellung weicht die anfängliche Uni-Euphorie beim Verlassen des ersten Seminars häufig der Enttäuschung. Denn meist beginnt sie mit dem Kommentar eurer augenberingten Dozierenden, dass man als Privatdozent für das Halten dieses Seminars nicht bezahlt wird und deswegen der Lehrtätigkeit nur bedingt nachgehen kann. Mit anderen Worten: Antworten auf Mails könnt ihr euch abschminken und eine Sprechstunde gibt es schonmal gar nicht.

Spätestens dann kommt man ins Grübeln: Warum wird in der ersten Veranstaltung im Semester nun nicht mehr einfach der Seminarplan vorgestellt, sondern die finanzielle Situation meines Lehrbeauftragten? Und: Was geht mich das überhaupt an?

Faire Entlohnung für alle?

Man könnte entgegnen: so einiges. Denn als Studierende haben wir ein Recht auf Betreuung. Sei es nun bei unseren Hausarbeiten, bei der Beantwortung von Fragen zur Referatsgestaltung oder der Einsicht von Klausurergebnissen. Kurzum – wir sollten auf einer guten Lehre beharren.

Mit dieser Forderung im Gepäck müssen wir uns durch den Uni-Dschungel kämpfen und auf ihre Einhaltung pochen. Bei Professoren mit einer fairen Entlohnung stellt das kein moralisches Problem dar, aber gilt dasselbe auch für Privatdozierende, die lediglich 153€ pro Jahr als Unterrichtsgeldpauschale erhalten?

Zeit für einen Kurswechsel

Als Elementarteilchen in der Uni-Sphäre ergibt sich für uns, dass wir in diesem Zusammenhang nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben. Wenn wir die Universität nicht nur als Ort zum Erwerb von Fachwissen sehen wollen, sondern auch als Stätte der Kritik und des unabhängigen Denkens, sollten wir die prekäre Beschäftigungssituation unserer Dozierenden nicht länger übergehen.

Einfach in den Kurs mit den besseren Lehrbedingungen zu wechseln, wäre in diesem Fall nur eine Flucht vor der Verantwortung. Auch eine zweite Stulle für die prekär beschäftigte Dozentin eures Seminars einzupacken, wird nicht die gewünschte Veränderung bringen. Vielmehr ist es an uns, unsere Rechte auf eine gute Lehre und die faire Entlohnung der Dozierenden von denjenigen einzufordern, die die herrschenden Zustände scheinbar nicht ändern wollen: Politik und Hochschulleitung.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. Konrad Riedel sagt:

    Sehr guter Aufruf! Wer sich zu dem Thema vernetzen möchte, ich habe eben einen Verteiler “Gegen unbezahlte Lehre” eingerichtet: https://lists.spline.inf.fu-berlin.de/mailman/listinfo/gegen_unbezahlte_lehre

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