Der Oktopus in uns

Wo liegt eigentlich die Seele? Darüber zerbrachen sich schon antike Denker den Kopf. Eine Ausstellung im Medizinhistorischen Museum stellt ihre Gedanken vor. Karolin Tockhorn hat sich umgesehen.

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„Die Seele ist ein Oktopus“? Dieser Titel stiftet Verwirrung. Schließlich soll es bei der neuen Ausstellung im medizinhistorischen Museum der Charité nicht um Tiere, sondern um Menschen gehen. Noch bis zum 11. September werden hier in Kooperation mit dem FU-Exzellenzcluster „Topoi“ antike Vorstellungen von Seele und Körper präsentiert.

So erklärt sich auch die Metapher vom Oktopus: Philosophen und Ärzte im antiken Rom und Griechenland stellten sich die Seele nämlich wie die Tentakel eines Oktopusses vor, die sich im Körper erstreckten, ausgehend von einer Art Kontrollinstrument. Der menschliche Körper war dieser Ansicht nach nichts anderes als ein Raum, der allein durch die Seele Leben erfuhr.

Über den Sitz des Kontrollinstrumentes wurde in der Antike unter Ärzten und Philosophen stark debattiert. Einige, darunter Aristoteles, vermuteten es im Herzen. Andere wiederum, wie zum Beispiel Plato, glaubten, es sei im Hirn zu finden. Die Lokalisierung der Seele spielte sowohl in der Philosophie als auch in der Medizin vor allem deshalb eine wichtige Rolle, da sie – so dachte man – der Schlüssel zur Identifizierung und Linderung von Schmerzen sei.

Komplexe Ideen zugänglich präsentiert

Für den Laien erscheint dieses komplexe Wissensgebäude auf den ersten Blick sehr abstrakt und unverständlich. In der Tat ist die präsentierte Thematik auf einem sehr hohen wissenschaftlichen Niveau angesiedelt. „Beim Konzipieren der Ausstellung haben wir versucht, die Komplexität des Themas so auf den Punkt zu bringen, dass sie nicht nur einem Experten, sondern auch einem 15-Jährigem zugänglich ist“, meint Michael Meyer, Sprecher des Exzellensclusters. Um dies zu ermöglichen, entwickelte der Grafiker Christoph Geiger visuelle Schlüsselelemente für die Ausstellung. Er übersetzte die abstrakten Philosophien in anschauliche, aussagekräftige Bilder.

Die Ausstellung gliedert sich in zehn Bereiche, welche allesamt von Geigers Visualisierungen begleitet werden. Die Abteilungen beschäftigen sich etwa mit Organen und Substanzen im Dienste der Seele, mit der Bewegung als Anzeichen von Leben oder auch mit Seelenkrankheiten.

Fortschrittliche Antike

Bei den Ausstellungsobjekten handelt es sich um antike medizinische Instrumente, kulturellen Objekten sowie sogenannten Votivgaben. Unter einem „Votiv“ ist eine Art Opfergabe zu verstehen, die Erkrankte in ihrer Not an kultischen Städten niederlegten. Die ausgestellten Votive stellen jeweils den erkrankten Körperteil der Opferbringenden dar. Es ergibt sich ein interessantes Zusammenspiel zwischen medizinischen und kulturellen Elementen. Das wiederum schafft ein gutes Verständnis für das Leben und die Denkweise der antiken Griechen und Römer.

Auch wird Besuchern bewusst, wie fortschrittlich und professionell die Medizin in der Antike betrieben wurde. Obwohl diese Vorstellungen von der Seele fremd oder sogar primitiv erscheinen können, scheinen sie auf den zweiten Blick doch auf eine Art plausibel: „Das Eindenken in zeitlich entfernte Gedankenwelten hilft uns unseren eigenen Blick auf den Körper und die Gesundheit zu relativieren“ so Kuratorin Uta Kornmeier. Nicht umsonst werden die Überlegungen der griechischen Antike als Wiege der europäischen Medizin angesehen. Vielleicht können wir noch heute von ihnen lernen.

Das Museum ist von dienstags- sonntags geöffnet. Der Eintritt kostet für Studierende 3,50€

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. Seyla Art sagt:

    Es ist an der Zeit das die Studenten nicht mehr glauben was einst die Römer und Griechen durch ihre Vorstellungen verzapften. Vorstellung ist ja nichts anderes als eine Annahme wie es sein könnte. Doch wo sitzt die Seele denn wirklich, sitzt es irgendwo und existiert ein Unterschied zum Unterbewusstsein? Ist es das ein und dasselbe? Die Gesellschaft braucht eine neue Sicht der Medizin damit Tiere speziell in Deutschland als fühlende Lebewesen anerkannt werden und Menschen die auf Seelenkrankheiten diagnostiziert werden eine Befreiung erfahren. Seele ist nicht=Unterbewusstein sowie das Bewusstsein nicht=Gehirn ist!!!

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