Der Streberstaat

Egal was du tust, Norwegen macht’s besser! Im Land der Fjorde und Polarlichter leben die glücklichsten Menschen der Welt. Wie das bei den hohen Alkoholpreisen möglich ist, fragt sich Clemens Milan Polywka.

Ausland
Zu Wohlstand gesellt sich Idylle: Die Polarlichter über Bergen. Foto: Clemens Milan Polywka

  Sonnenschein kann man nicht kaufen. Diese Lektion lernt man schnell in Bergen. Die norwegische Stadt gilt als die regenreichste Europas. An einem der wenigen Sonnentage bin ich mit Tuva, meiner norwegischen Kommilitonin, zum Arbeiten verabredet. Dann kommt ihre Nachricht: „Die Sonne ist da, ich bin im Stadtpark!“ Als ich dort ankomme, tummeln sich auf den Wiesen Bergener aller Berufs- und Altersgruppen. Termine und Arbeit sind offenbar abgesagt. Kein Wunder – Geldsorgen werden viele von ihnen nicht haben.   Norwegen gilt als eins der reichsten Länder der Welt. Während beinahe jeder Staat horrende Summen an Schulden angehäuft hat, besitzt Norwegen ein Staatsvermögen von 740 Milliarden Euro. Es könnte Griechenland komplett entschulden und hätte immer noch Geld übrig. Die Einnahmen Norwegens stammen vor allem aus dem Ölge- schäft. Während der Staat von der Ausbeutung und dem Export fossiler Ressourcen profitiert, versorgt er seine fünf Millionen Einwohner mit sauberem Strom aus regenerativen Energiequellen.   So subventioniert der Staat Elektroautos und Selbstversorgung durch Wasserkraft. Käufer von Elektroautos erhalten neben dem staatlichen Zuschuss auch das Privileg, die Busspur mitbenutzen zu dürfen. Oslo soll, bis auf die E-Karossen, die auch weiterhin im Stadtzentrum fahren dürfen, bis 2017 komplett autofrei werden. Den Tesla Model S sieht man hier an jeder Straßenecke. Auch auf anderer Ebene will Norwegen die Entwicklung der eigenen Bevölkerung vorantreiben: Das Land betreibt eine Art Optimierung der Bevölkerung. Die Erziehung des Menschen hört nicht nach der Schule auf, sondern wird auch im Erwachsenenalter fortgeführt. Und, auch wie in der Schule, von Einigen in Frage gestellt, doch von der Mehrheit befolgt.   So gibt es zum Beispiel eine Zuckersteuer, die die norwegische Bevölkerung vor übermäßigem Konsum warnen, bestenfalls sogar schützen soll. Gummibärchen sind etwa fünfmal so teuer wie in Deutschland. Um den steigenden Zahlen von alkoholbedingten Todesfällen entgegenzuwirken, wurden die Steuern auf Alkohol drastisch erhöht. Doch aufgrund der hohen Gehälter hat der Staat damit nur größere Steuereinnahmen generiert. Wer in Norwegen trinken will, der wird auch weiterhin ins „Vinmonopolet“, dem staatlichen Supermarkt für Spirituosen aller Art, gehen und dort einkaufen. Trinken darf man in der Öffentlichkeit aber natürlich nicht.   Der Preis für die Selbstoptimierung sind eine Menge Regeln und Einschränkungen, die aufgrund der hohen Lebensqualität jedoch von der Bevölkerung nicht als solche empfunden werden. Die norwegische Strategie scheint zu funktionieren. Zu diesem Schluss kommt der von der UN aufgegebene World Happiness Record: Skandinavier seien die glücklichsten Menschen auf diesem Planeten.   Das Klima in Bergen ist geprägt von Wohlstand, von Entspanntheit. Ganz anders als in Berlin. Doch kommt die Zufriedenheit von den politischen Entscheidungen, oder ist die Wahrheit doch simpler? Wer Geld hat, dem geht es gut. Doch auch mit allem Geld der Welt – das Wetter bleibt, wie es ist.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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1 Response

  1. FURIOS: Richtigstellung sagt:

    Clemens Milan Polywka distanziert sich von diesem Artikel. Dieser wurde während des Redigats stark verändert und die Redaktion hat es versäumt, ihn dem Autor noch einmal zur Auorisierung vorzulegen. Dafür möchte sie sich aufrichtig entschuldigen.

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