Der Kaukasus ist Schauplatz zahlreicher Konflikte. Trotzdem finden sich beim “One Caucasus Festival” junge Menschen aus der ganzen Region zum Tanzen zusammen. FU-Studierende sind dieses Jahr dabei und wollen mit einem Radiobeitrag Aufmerksamkeit schaffen. Von Friederike Oertel
Eingebettet zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer bildet der Kaukasus die natürliche Grenze zwischen Europa und Asien. Die Vorstellungen davon, was genau sich hinter dem Begriff verbirgt, sind ähnlich vielfältig wie die dortigen Ethnien und Sprachen. Und auch die Konfliktlandschaft des Kaukasus ist so zerklüftet wie das Gebirge selbst. Doch bei der Vielzahl an Auseinandersetzungen, mit der es die Welt derzeit zu tun hat, verschwinden die Probleme der Region immer wieder aus dem medialen Blickfeld.
Sieben Studierende des Osteuropa-Instituts wollen nun den Menschen im Kaukasus eine Stimme geben. In ihrer Projektgruppe One Caucasus FM produzieren sie ein Radiofeature, um in Deutschland mehr Aufmerksamkeit für die Region zu generieren. Tatsächlich sind Georgien, Armenien und Aserbaidschan von sich überlagernden Auseinandersetzungen um Staatsgebiete zerrüttet. Die Fronten sind seit Jahren verhärtet und immer wieder hallen Schusswechsel und Panzermotoren durch Berge und Täler.
Friedensbemühungen
Trotz der Konflikte wird seit dem Sommer 2013 in Tserakvi, einem kleinen Dorf im Südosten Georgiens an der Grenze zu Armenien und Aserbaidschan, das One Caucasus Festival ausgerichtet, von dem das Feature handeln soll. „Für vier Tage kommen hunderte Menschen aus aller Welt nach Tserakvi, um Musik, Gedanken, Fähigkeiten und nationale Gerichte zu teilen. Es gibt Workshops und Konzerte, die den Dialog zwischen den Ländern fördern sollen“, fasst Roman, Mitglied der Projektgruppe, das Festivalgeschehen zusammen.
Die Studierenden haben vor, nach Tserakvi zu fahren und mit den Veranstaltern das Festival vorzubereiten. Während der drei Tage werden sie dann Gespräche mit Organisatoren, Künstlern und Besuchern führen: „Im Mittelpunkt stehen die Menschen und das Zusammenleben im Grenzgebiet. Wir wollen wissen, wie sie ihren Alltag erleben und die Konflikte in ihrer Region wahrnehmen“, erklärt die ebenfalls an dem Radiofeature beteiligte Stephanie. Denn auch wenn sich der Dialog in der Grenzregion oft schwierig gestaltet, setzen sich die Bewohner mit ihren Möglichkeiten für Frieden und Völkerverständigung ein.
Öffentlichkeit statt Einseitigkeit
Und das ist bitter notwendig. Denn obwohl die Konflikte im Südkaukasus nach mehrfach gescheiterten Bemühungen der internationalen Politik als eingefroren gelten, haben spätestens die jüngsten Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan in Bergkarabach diese Annahme als gefährlichen Trugschluss entlarvt: Das Eis ist brüchig und taut auch im Alltag immer wieder an.
Das One Caucasus Festival soll helfen, das Misstrauen untereinander zu überwinden, den Dialog zu suchen und verhärtete Diskurse aufzubrechen. Genau das wollen die sieben Studierenden mit ihrem Feature abbilden – und den temporären Begegnungsraum für ein größeres Publikum öffnen: „Der Beitrag soll auf möglichst vielen Radiosendern gesendet werden, um ein großes Publikum zu erreichen“, sagt Stephanie. Das Feature soll nicht nur die Konflikte im Kaukasus wieder in den Fokus rücken, sondern zudem ein Beispiel für die Aussöhnung junger Menschen in der Region liefern – Aspekte, die in der aufgeheizten Mediendebatte oft untergehen und doch entscheidend sind für eine dauerhafte Konfliktlösung.