Fünf Zukunftsvisionen auf dem Prüfstand

Über die Zukunft haben sich schon viele Gedanken gemacht. In Filmdystopien werden allerlei Zukunftsvisionen entworfen. Wir haben sie uns angesehen und sie anhand unserer Realität geprüft. Von Julian Daum und David Rouhani

Metropolis (1927): Technik, Künstliche Intelligenz

Fritz Langs Meisterwerk ist die Mutter aller Filmdystopien. Die Stadt Metropolis im Jahr 2027 ist gezeichnet von hohen Betontürmen und tiefen Straßenschluchten, durch die auf verschiedenen
Ebenen der Verkehr rauscht. Während die Arbeiter tief unter der
Erde monströse Maschinen im Akkord bedienen, thronen auf den
Türmen die Herren um den Herrscher Joh Fredersen und führen
ein sorgloses Leben – bis Johs Sohn Freder den grausamen Alltag
der Arbeiter sieht und beschließt, ihnen zu helfen. Er wird damit
zum Gegenspieler seines Vaters, der ihn mithilfe einer Maschine in
Menschengestalt aufhalten will. Sie bringt die Arbeiter schließlich
dazu, die Maschinen der Stadt zu vernichten und somit ihren eigenen
Lebensraum zu zerstören.

Check:
Die Abhängigkeit der Menschheit von den Maschinen ist auch
uns bekannt: Studieren ohne Computer? Völlig undenkbar! Neben
aller Gesellschaftskritik – faszinierend ist vor allem, wie Lang
sich vor knapp 90 Jahren unser Jahrhundert ausmalte: Der Verkehr
hat in der Tat stark zugenommen, das Flugzeug gehört heute fest
in unser Reiserepertoire, weltweit sprießen Häusertürme in die
Höhe. Auch die Entwicklungen auf dem Gebiet der künstlichen
Intelligenz entsprechen Langs Vorstellungen. Cyborgs, die Menschen
manipulieren, gibt es zwar noch nicht. Doch bis 2027 bleibt
ja noch ein wenig Zeit.

1984 (1984): Überwachungsstaat, Geschichtsfälschung, Dauerkrisen

Vor etwas mehr als 20 Jahren wurde George Orwells
grausam-dystopischer Entwurf eines totalitären Staates verfilmt.
Seit Protagonist Winston ein kleiner Junge war, befindet
sich sein Land Ozeanien im Krieg mit fremden Mächten.
Mithilfe von Überwachungskameras, minutiös geregelten
Tagesabläufen und der Gedankenpolizei kontrolliert das Regime
jede Sekunde im Leben seiner Bürger. Liebe ist verboten
– gewünscht ist nur die Liebe zum geheimnisvollen Führer Big
Brother. Wer nicht in das Weltbild des Regimes passt, wird
durch Folter bekehrt und anschließend aus den Geschichtsbüchern
gestrichen. So verschwimmt in den Köpfen der Menschen
der Sinn für das, was wirklich ist.

Check:
Zu Orwells Lebzeiten noch Dystopie, wacht Big Brother heute
tatsächlich über uns – NSA und IT-Riesen wie Google sei
Dank. Wer Geschichtsfälschung erleben möchte, vergleiche
einfach Schulbücher aus der DDR mit solchen aus der BRD.
Ein dauerhafter Krisenzustand wird vielleicht nicht bewusst
herbeigeführt. Dennoch kommt es den Beteiligten durchaus
gelegen, wenn eine sogenannte »Flüchtlingskrise« die geheimen
TTIP-Verhandlungen an den Rand der öffentlichen Wahrnehmung
drängt. Unsere Welt mag bei weitem nicht so düster sein
wie der Alltag in Ozeanien, doch viele von Orwells Ideen erwiesen
sich als kluge Vorhersagen.

Die Tribute von Panem (2012-2015): Zweiklassengesellschaft, Brot und Spiele

Nach einem Krieg auf dem nordamerikanischen Kontinent gibt
es nur noch zwölf Distrikte. Sie werden beherrscht vom Kapitol,
wo die Privilegierten in Saus und Braus leben, während
die Bewohner der Distrikte unter elenden Bedingungen Güter
für das Kapitol produzieren. Einmal im Jahr müssen Teenager
aus den Distrikten an Hungerspielen teilnehmen, bei denen sie
sich in einer künstlichen Arena abmetzeln, bis nur noch einer
von ihnen übrig bleibt. Durch die Spiele führt der autokratische
Präsident Snow den Distrikten vor Augen, dass ein Aufbäumen
gegen seine Herrschaft zwecklos ist. Bis Katniss Everdeen das
Gegenteil beweist.

Check:
Eine Zweiklassengesellschaft, getrennt in Produzenten und
Konsumenten, nicht nur im Lebensstil, sondern auch räumlich
– ist das schon Realität? Unsere Welt liefert tatsächlich einige
Parallelen: Auch heute herrscht ein enormes Wohlstandsgefälle
zwischen Industrienationen und dem Rest der Welt – ein Teil
des Reichtums der ersten beruht auf der Armut letzterer. Auch
das Motiv der Spiele ist altbekannt: Regime missbrauchen
Großereignisse, um sich zu inszenieren und von Missständen
abzulenken. Da werden Erinnerungen an die Olympischen
Spiele von Peking oder Sotschi wach.

Children of Men (2006): Flüchtlingskrise

Wir schreiben das Jahr 2027. Seit 18 Jahren wurde kein Kind
mehr geboren, die Menschheit steht vor ihrem Untergang. Unzählige,
durch globales Chaos getriebene Flüchtlinge werden
verfolgt und in Ghettos gesteckt. Das ruft die Pro-Flüchtlings-
Terrorgruppe »Fishes« auf den Plan. Plötzlich taucht die
Geflüchtete Kee auf – schwanger. Als letzte Hoffnung der
Menschheit soll sie an einen sicheren Ort gebracht werden, wo
Wissenschaftler am Fortbestand der Menschheit tüfteln. Dabei
wird sie jedoch von den »Fishes« verfolgt, die das Kind politisch
für sich nutzen wollen.

Check:
»Children of Men« lässt kaum ein Problem unserer heutigen
Gesellschaft unerwähnt. Die eindrucksvollen Szenen der
Camps, in denen Geflüchtete eingepfercht werden, erinnern
nur allzu lebhaft an Idomeni. Wie Flüchtlinge hier mutwillig
ferngehalten werden, weckt Erinnerungen an dubiose Flüchtlingsdeals
mit der Türkei.

Zurück in die Zukunft II (1985): Technik

Der junge Marty McFly reist mit Doc Brown in die Zukunft.
Während seines Aufenthalts im Jahr 2015 kauft er ein Buch,
das alle Sportergebnisse von 1950 bis 2000 enthält. Das veranlasst
McFlys Erzfeind Biff dazu, das Buch samt Zeitmaschine zu
klauen, damit sein jüngeres Ich ein Vermögen verdienen und
die Zukunft verändern kann. Und ganz nebenbei fährt McFly
auf einem schwebenden Hoverboard, trägt selbstschnürende
Nikes und sitzt, klar, in einer Zeitmaschine, während fliegende
Autos durch die Straßen schwirren.

Check:
Der zweite Teil von Robert Zemeckis legendärer Trilogie
zeichnet keinen Gesellschaftsentwurf, der moralisch-ethische
Fragen aufwirft, sondern spielt mit allerlei technischen Ideen
die feuchten Träume aller Nerds durch. Fliegende Autos sind
zum jetzigen Zeitpunkt Zukunftsmusik, auch über Zeitreisen
wird allenfalls theoretisch diskutiert. Handfester sieht es beim
Hoverboard aus: Hier haben Firmen wie Lexus schon funktionierende
Modelle entwickelt. Fast alle Prototypen arbeiten
jedoch mit Magnetfeldern – und dazu muss ein spezieller
Boden verlegt sein. Nicht gerade alltagstauglich. Nike indes
hat es tatsächlich geschafft, einen selbstschnürenden Schuh zu
entwickeln. Er soll Ende des Jahres auf den Markt kommen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.