Furios stellt vor: Otto Suhr

Sozialdemokrat und Berliner Bürgermeister, Wissenschaftler und Hochschulleiter – Otto Suhr ging nicht nur als Namensgeber in die Geschichte des Instituts für Politikwissenschaft ein, er gilt auch als bedeutender Gestalter des Nachkriegs-Berlins. Von Leonie Schlick

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Das Otto-Suhr-Institut beherbergt die Politikwissenschaftsstudenten der FU. Foto: Leonie Schlick

„Unser Professor Bürgermeister“ – zum 50. Todestag Otto Suhrs erinnert Walter Momper an den Spitznamen, den die Berliner ihrem Stadtoberhaupt noch zu Lebzeiten gaben. Wie kaum ein anderer hat Otto Suhr sein Dasein als Wissenschaftler mit dem als Politiker vereint, war er doch sowohl Leiter der Deutschen Hochschule für Politik als auch Berliner Bürgermeister.

Geboren wurde Suhr 1894 in Oldenburg, wo er eine gediegene Kindheit und Jugend in einem bürgerlich-liberalen Elternhaus genoss. Nach Schulabschluss nahm er ein Studium der Volkswirtschaft, Geschichte und Zeitungswissenschaft auf, musste dieses jedoch für den Fronteinsatz im ersten Weltkrieg unterbrechen. Erst 1920 beendete Suhr die Universität und arbeitete anschließend unter anderem für den „Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund“ und ab 1935 als Wirtschaftspublizist, insbesondere für die Frankfurter Zeitung. Nicht nur aufgrund seiner Arbeit im gewerkschaftlichen Untergrund, sondern auch wegen seiner jüdischen Ehefrau Susanne, stand Suhr während der nationalsozialistischen Diktatur wiederholt im Fokus der Gestapo. Gegen Kriegsende drohte ihm sogar die Verhaftung, der er sich jedoch erfolgreich entziehen konnte.

Erst Abgeordneter, dann Bürgermeister

Bereits während des ersten Weltkrieges war Otto Suhr der SPD beigetreten, nach dem zweiten Weltkrieg engagierte er sich für den Wiederaufbau der Partei in Berlin und wurde schließlich ihr erster Generalsekretär. Nach der Spaltung der Stadt wurde Suhr 1951 zum Präsident des West-Berliner Abgeordnetenhauses gewählt. Zuvor wirkte er bereits als Abgeordneter an der ersten Berliner Verfassung mit und setzte sich vehement dafür ein, dass West-Berlin sich zur Bundesrepublik Deutschland bekannte. Für Walter Momper war dies das Fundament für die Freiheit Berlins. Immerhin sei die Stadt erst durch ihre Zugehörigkeit zur Bundesrepublik lebensfähig geworden.

Suhrs Ziel: die politische Bildung

Neben seiner politischen Tätigkeit war Suhr von 1948 bis 1955 Leiter der Deutschen Hochschule für Politik, die nach einer wechselhaften (auch nationalsozialistischen) Vergangenheit, 1949 wiedereröffnet wurde. Suhr schaffte damals die organisatorischen und wissenschaftlichen Grundlagen, um einen Studiengang der Politologie aufzubauen. Hierzu berief er auch viele ehemalige Emigranten, so gelang es ihm beispielsweise Willy Brandt als Lehrbeauftragten anzuwerben. Erst nach Suhrs Tod 1957 wurde die Hochschule schließlich in die Freie Universität eingegliedert und der ehemalige Direktor wurde Namensgeber des neuen Instituts.

In Memoiren wird der Amtsvorgänger von Willy-Brandt häufig als kühler Kopf beschrieben, der zwar keine Massen mitreißen konnte, aber Sozialdemokrat mit Leib und Seele war. Gleichzeitig verschrieb sich Otto Suhr der Wissenschaft – und setzte sich zeitlebens für die politische Erziehung ein.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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