Der Klang des Universums

Als diesen Februar erstmals Gravitationswellen gemessen wurden, war Karsten Danzmann, Professor am Albert-Einstein-Institut, hautnah dabei. In einem Gastvortrag vergangene Woche ließ sich Sebastian Kowalke von ihm mitreißen.

Karsten Danzmann ist seit 2002 Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik. Foto: Eva Famulla

Karsten Danzmann ist begeisterter Physiker und Experte für Gravitationswellen. Foto: Eva Famulla

Wir alle wissen, dass man zum Surfen – im Wasser, nicht im Internet – Wellen braucht. Wellen umgeben uns, seien es Radiowellen, Schallwellen oder auch Lichtwellen. Dennoch passierte etwas Besonderes, als Forscher aus Deutschland und den USA letztes Jahr die Existenz von Wellen nachweisen konnten, von denen Albert Einstein behauptete, dass man sie niemals wird nachweisen können: Gravitationswellen.

Hundert Jahre bis zur ersten Welle

Karsten Danzmann vom Albert-Einstein-Institut (AEI) der Max-Planck-Gesellschaft in Hannover hielt vergangenen Dienstag an der FU einen Gastvortrag zum Thema „Einsteins Gravitationswellen: Wir hören Töne aus dem dunklen Universum!“. Der Wissenschaftler forscht und arbeitet seit über 25 Jahren an diesem Thema und leitet seit 2002 das AEI als Direktor. Die 16. Einstein Lecture fand auf den Tag genau 101 Jahre nach Einsteins erstem Vortrag zur Relativitätstheorie statt.

Denn im Oktober 1915 trug Albert Einstein der Preußischen Akademie der Wissenschaften die Allgemeine Relativitätstheorie vor. Im Zuge dessen sagte er die Existenz von Gravitationswellen voraus. In den 80ern erfolgte bereits ein indirekter Beweis ihrer Existenz, doch erst das Team um Professor Danzmann konnte am 14. September 2015 Gravitationswellen direkt sehen, messen – und sogar hören.

Über Schwarze Löcher und gekrümmte Räume

Gravitationswellen entstehen laut Professor Danzmann, wenn große Massen wie zum Beispiel Schwarze Löcher sich umeinander herum bewegen und miteinander verschmelzen. Die beiden Schwarzen Löcher, die hier miteinander verschmolzen, waren 36- und 29-mal so schwer wie unsere Sonne. Zusammen erzeugten sie ein Schwarzes Loch von 62 Sonnenmassen, womit ganze drei Sonnenmassen binnen einer Zehntelsekunde in reine Energie umgewandelt wurden. Das Ereignis fand etwa 1,3 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt statt und damit auch vor etwa 1,3 Milliarden Jahren. Zu der Zeit, als diese beiden Schwarzen Löcher verschmolzen, so erklärt Danzmann, war das Leben auf der Erde „langweilig“. Es existierten erste Formen von Algen, mehr nicht.

Aufgrund der Gravitation strecken und stauchen die sich verschmelzenden Schwarzen Löcher den Raum. In der Fachsprache spreche man hier von sogenannten „gekrümmten Räumen“. Diese Streckungen und Stauchungen lassen sich mithilfe eines „Laserinterferometers“ messen. Die Messgenauigkeit des Laserinterferometers liegt bei einem Zehntausendstel der Größe eines Protons. Für alle außerhalb der Physik sei diese Größe nicht vorstellbar, so Danzmann. Besonders erstaunlich sei deshalb die schier unfassbare Genauigkeit, mit der die Forscher beim Nachweis der Gravitationswellen umgehen mussten.

Im Audimax spielte Danzmann seinem Publikum stolz eine Gravitationswelle vor: Ein beeindruckendes Geräusch, das in etwa so klingt, wie wenn ein nasser Finger den Rand eines Weinglases entlang fährt. Alle Zuhörer wurden zu nachträglichen Zeugen der Wissenschaftsgeschichte. Der Klang der Gravitationswelle dauerte eigentlich nur 0,2 Sekunden an, konnte aber trotzdem für alle Gäste des Vortrags hörbar gemacht werden.

Leben für die Forschung

Am Ende gab Danzmann noch einen Ausblick auf weitere Forschungen zu Gravitationswellen: Aktuell befindet sich ein Testsystem von Satelliten mit dem Namen “LISA” in der Erdumlaufbahn, die ähnliche Messungen vom Weltall aus simulieren sollen, nur genauer. Spätestens 2034 soll dann das echte System mit Hilfe der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) in die Erdumlaufbahn gebracht werden. Dazu fehlen aktuell noch die finanziellen Voraussetzungen und die Bewilligung der Raumfahrtbehörde. Danzmann gab den passenden Rat an die ESA : „Alles, was es braucht, ist der Wille zu starten…und 1,5 Milliarden. Technische Details also.“

Insgesamt war der Vortrag von Danzmann ideal dafür geeignet, eine kurze und anschauliche Einführung in das Thema „Gravitationswellen“ zu geben. Auch absolute Laien sollten jetzt einen Eindruck davon bekommen haben, wie groß und mächtig unser Universum ist und wie viel noch darauf wartet, von uns entdeckt zu werden. Der Forscher schloss seinen interessanten und zugleich humorvollen Vortrag mit einer Anekdote ab. Sein Vorgänger in Hannover, Heinz Billing, habe ihm beim Antritt der Professur gesagt: „Ich bleibe so lange am Leben, bis Sie die Gravitationswellen gefunden haben!“ Heinz Billing ist heute 102 Jahre alt.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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