Was Menschen bewegt

Pina Bausch gilt als Erfinderin des Tanztheaters. Eine Ausstellung im Martin Gropius Bau gibt nun Einblick in ihr Leben und Werk. Evelyn Toma war im Museum.

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Pina Bausch tanzt ein Solo. Foto: Jochen Viehoff

Bunte Fische wabern riesengroß auf einer Leinwand herum. Davor, klein und zierlich, tanzt eine ältere Frau zu verträumter Musik. Das Video zeigt die inzwischen verstorbene Pina Bausch bei einem Solo. Als Pionierin des Tanztheaters wurde die Tänzerin und Choreografin zeitlebens weltweit gefeiert. Heute, acht Jahre nach ihrem Tod, tourt die Ausstellung „Pina Bausch und das Tanztheater“ durch Deutschland. Bis zum 9. Januar 2017 ist sie in den Hallen des Martin Gropius Baus in Berlin zu sehen.

Dancing in the Rain

Tanzaufführungen sind, wie Theaterstücke, flüchtig und unwiederholbar. Keine Aufführung gleicht der anderen, kein Abend ist wie der vorige. Doch Pina Bausch verstärkte das Ganze und macht das Ergebnis noch unvorhersehbarer, indem sie die Natur auf die Bühne holte. Dank Videoaufnahmen kann man das heute noch nachvollziehen. Durch Erde und Wasser wirbeln die Tanzenden in ihren durchtränkten Kleidern über das Parkett. Die Tropfen spritzen nach vorne, zu Seite, ins Publikum. Die Bilder sind eindrucksvoll, die Videos noch viel mehr.

In einem langen Raum werden auf eine Wand nebeneinander mehrere Ausschnitte aus verschiedenen Tanztheaterstücken von Pina Bausch gezeigt. Jedes dieser Videos ist an für sich schon sehr beeindruckend, aber es ist vor allem die Auswahl und die Komposition der gezeigten Tänze, die eine mal sehr eindrucksvolle, mal witzige Stimmung erzeugt.

Am Anfang stand die Frage

Aber nicht nur Pina Bauschs Werk wird in der Ausstellung gezeigt. Vielmehr wird auch der Prozess veranschaulicht, wie sie ihre Stücke entwickelte und probte. Ihre Methoden hoben sich stark von den damals vorherrschenden Standards ab. Ihre Philosophie: „Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt.“ Und so bildeten die Individuen des Ensembles den Ausgangspunkt eines jeden Stückes. Auf verschiedene Fragen sollten die verschiedenen Mitglieder mit Bewegungen antworten. So entstand eine Materialsammlung die erst durch einen langwierigen Probenprozess zu einem fertigen Stück wurde.

Dieser unüblichen Weg des Choreografierens wurde in der Ausstellung zum Beispiel durch Interviews und niedergeschriebene Konzepte und Ideen gezeigt. Als erste Choreografin verband sie dort Elemente des Theaters mit dem klassischen Tanz. Im Stil von Collage und Montage erzählt sie – anders als im klassischen Ballett – ohne linearen Handlungsstrang.

Frei und ungebunden

Diese scheinbare Planlosigkeit, dieser freie Prozess des Kreierens, der alle Beteiligten involviert, findet sich in gewisser Weise auch in der Ausstellung wieder. Es gibt keine festgelegte Reihenfolge, keine Raumführung durch Pinas Leben oder den choreografischen Prozess. Schon beim Betreten der Ausstellung liegt eine Gabelung. Das Herzstück im Zentrum bildet der „Lichtberg“, eine Nachbildung des Proberaums aus dem Wuppertaler Kino, indem die meisten ihrer Stück entstanden sind.

Mit ihrem multimedialen Mitteln und ihrer revolutionären Narration gilt Pina Bausch als Begründerin des Tanztheaters und Vordenkerin. Die Ausstellung „Pina Bausch und das Tanztheater“ zeigt ein bisschen Hintergrundbiografie, ein bisschen Arbeitsprozess und ein bisschen Endergebnis – und verschafft so eine eindrucksvolle Übersicht über das Werk einer Ikone.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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