Gute Laune sticht Glaubwürdigkeit

Das Portal myStipendium.de bietet Stipendien für Gutgelaunte, Orientierungslose und Menschen, die zu ihren Schwächen stehen an – unabhängig von den Noten. Klingt super! Theo Wilde findet trotzdem etwas zu meckern.
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Die Stipendiensuchmaschine myStipendium hat sich auf die Fahnen geschrieben, Studienbeihilfen für jedermann zu ermöglichen. Das Portal geht sogar so weit und verkündet: Die Studienfinanzierung in ganz Europa soll revolutioniert werden. Da verwundert es nicht, dass die Seite Ende Oktober drei neue Stipendien vorgestellt hat, die explizit nicht an universitäre Überflieger gehen sollen. Wer hier allerdings einen nachhaltigen Lösungsansatz erwartet, wird enttäuscht.

Preisausschreiben statt Wettbewerb?

Bei den drei Stipendien, die in Kooperation mit jeweils einem privatwirtschaftlichen Geldgeber vergeben werden, handelt es sich um zwei Sprachreisen und ein Auslandssemester in Südafrika.
Chancen auf einen kostenfreien Sprachkurs in Australien gibt es für diejenigen, die „zu ihren Schwächen“ stehen, weswegen das Stipendium konsequenterweise „Schwächen-Stipendium“ genannt wurde.
Einen Sprachkurs in San Diego wird spendiert, wenn man orientierungsloser als alle anderen Teilnehmer durch das Leben geht.
Für das dritte Stipendium können sich Leute qualifizieren, die besonders gute Laune haben. Das ist den Machern ein rundum bezahltes Auslandssemester in Südafrika wert.

Auf den ersten Blick klingt das toll: Endlich bekommen auch diejenigen mal ein Stück vom Stipendienkuchen, die nach sonstigen Bewertungsmaßstäben immer leer ausgehen! Allerdings liegt genau hier auch das große Problem dieser Aktion. Die Kriterien sind so schwammig, dass die Reisen und das Auslandssemester auch einfach wie bei einem Preisausschreiben hätten verlost werden können. Beispielsweise bei dem sogenannten “Gute Laune” Stipendium wird nicht ganz klar, nach welchen Kriterien die Frohnatur ermittelt werden soll, die es mehr als alle anderen verdient hat, ein Semester in Südafrika bezahlt zu bekommen. Ebenso ist es nur schwer nachzuvollziehen, wie auf faire Art und Weise der orientierungslose Student, der am meisten “seinen eigenen Weg geht”, gefunden werden soll

Hürden für Stipendien bleiben hoch

Dass bei anderen Stipendien Noten, soziales Engagement und andere Faktoren, die sich mehr oder weniger gut nachweisen lassen, eine Rolle spielen, hat einen guten Grund. Auch wenn es sich bei den Auswahlsituationen häufig nur um Momentaufnahmen handelt. Die vielen Kriterien sorgen zumindest ansatzweise dafür, dass niemandem nur aufgrund subjektiver Präferenzen der Jury von einem Stipendienplatz ausgeschlossen wird. Die genaue Kommunikation dieser Kriterien im Vorfeld sorgt für Fairness im Auswahlprozess.

Die neuen Stipendien sondern sämtliche Komponenten, die ein Selektionsverfahren gerechter und transparenter machen, aus. So lässt sich die angestrebte Revolution der Studienfinanzierung nicht bewerkstelligen.

Letztlich entlarvt sich diese Aktion von myStipendium als nach Aufmerksamkeit haschende Werbemaßnahme, die vermutlich am meisten den Sponsoren und dem Portal nutzt, die sich damit öffentlichkeitswirksam einen innovativen Anstrich verpassen.
Auf breiter Front die Hürden für Stipendienbewerber zu senken, klappt damit leider nicht. Stattdessen hätte man sich besser vergleichbare Kriterien abseits der Konvention überlegen können, die einen fairen, mehrstufigen und transparenten Wettbewerb zwischen den Teilnehmern ermöglichen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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