Auf der Suche nach des Pudels Kern

Eine Lesebühne, bei der nur einer liest und die Autoren versteckt im Publikum sitzen. Und gebastelt wird auch noch! Dominique Müller war vor Ort.

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Während der Moderator die Texte liest, sitzen die Autoren im Publikum. Foto: Vanessa Weber

Der Autor ist tot. Naja ok, nicht wirklich. Aber anonym. Roland Barthes, der schon in den Sechzigern die Unwichtigkeit des Autors für den Text proklamierte, würde das Konzept*Feuerpudel sicher dennoch gefallen. Hierbei handelt es sich um eine Lesebühne, bei der verschiedenste Texte vorgelesen werden, ohne dass das Publikum weiß, wer sie verfasst hat. Ziel ist es nämlich, den Fokus ausschließlich auf den Text an sich und dessen Wirkung zu richten und eben nicht auf den Autor. Die Lesebühne wurde 2010 von vier Studenten der Kulturwissenschaften gegründet. Soll noch mal einer sagen, ein geisteswissenschaftliches Studium führe zu nichts.

Kreativität auf der Bühne und im Publikum

Jeder, der gerne schreibt, kann mitmachen und seinen Text einreichen. Der Kreativität sind, was die Form und das Thema angeht, keine Grenzen gesetzt. Einzige Bedingung: die Texte müssen kurz genug sein, um in fünf Minuten vorgelesen werden zu können. Das Los entscheidet dann darüber welche Texte es auf die Bühne schaffen. Einmal im Monat findet die Veranstaltung statt, bei der jeweils acht verschiedene Texte präsentiert werden. Während sie den Texten lauschen, können sich die Zuhörer zudem selbst ein wenig kreativ ausleben. Zum Beispiel, indem sie mit Knete oder Luftballons basteln. Seit Herbst diesen Jahres ist auch immer eine Illustratorin oder ein Illustrator anwesend, die zu jedem Text eine kleine Zeichnung erstellen – und das live. Hier werden also nicht nur die Ohren, sondern auch die Augen gefordert. Klingt alles nach einer interessanten Mischung und so ist es auch.

Warum gerade Feuerpudel?

Die Location ist jeden Monat eine andere. Im Dezember fand sie in den Räumen der Neuen Nachbarschaft in Moabit statt. Ein Sozial-und Kulturzentrum für Menschen aus aller Welt, mit und ohne Fluchthintergrund. In einem kleinen Raum mit gemütlicher Atmosphäre konnte man – mit oder ohne Drink in der Hand – dem Treiben auf der Bühne folgen. Nachdem alle Texte gelesen sind, gibt es eine Siegerehrung, bei der die besten drei Texte gekürt und deren Autoren mit Preisen der Kategorie „Schrottwichteln“ bedacht werden. Die Sieger hat das Publikum zuvor durch eine anonyme Abstimmung ermittelt. Den Gewinnern steht es dann offen, sich zu erkennen zu geben. Diesmal haben die Autoren der ersten drei Texte sich am Ende geoutet und nahmen ihre Preise entgegen; zwei andere Autoren sind noch immer anonym. Den Sieger-Text mit dem klangvollen Namen Nonkonformismussocken gibt’s sogar bei Amazon.

Gerade dass man nicht wusste, ob der Text von seinem Sitznachbarn oder doch von demjenigen in der letzten Reihe verfasst wurde, machte den Abend so spannend. Zwar musste man sich etwas konzentrieren um nicht mal kurz mit den Gedanken abzudriften, aber die Texte waren ja bewusst kurz gehalten. Wenn man es also schaffte die Konzentration zu wahren, konnte man Texten lauschen, die – alle auf ihre eigene Art – gelungen waren.

Und wer sich jetzt schon die ganze Zeit fragen sollte, warum das Ganze Feuerpudel heißt, hier kommt die Auflösung: Es geht um den Pudel als doch recht zartes Tier, welcher den Sprung durch einen Feuerreifen wagt. Der Pudel steht also für den anonymen Autor, der, indem er seinen Text einreicht und am Wettbewerb teilnimmt, etwas wagt und zum Feuerpudel wird.

Der nächste Feuerpudel findet am 12. Januar, in der Brotfabrik in Weißensee statt.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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