Antisemitismus-Debatte: Neue Vorwürfe

Die Prüfung der Antisemitismusvorwürfe gegen eine FU-Dozentin ist in vollem Gange. Jetzt greifen zahlreiche Kollegen die Beschuldigte öffentlich für ihr Verhalten an. Von Marius Mestermann

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Neue Vorwürfe gegen die OSI-Dozentin Eleonora Roldán Mendívil. Foto: Valentin Jahnel

Mehrere Wochen nach Bekanntwerden der Antisemitismusvorwürfe gegen Eleonora Roldán Mendívil haben zahlreiche Kollegen die FU-Dozentin öffentlich kritisiert. In einer aktuellen Stellungnahme werfen ihr 16 wissenschaftliche Mitarbeiter und Lehrbeauftragte des Otto-Suhr-Instituts (OSI) unter anderem „Diffamierung“ von Antisemitismusgegnern vor.

Roldán Mendívil versuche, die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken, indem sie ihre Kritiker als reaktionär und rechts bezeichne. Damit wolle sie „innerhalb und außerhalb der Universität Sympathie und Solidarität“ für sich gewinnen, so die OSI-Mitarbeiter. Außerdem stelle sie sich ohne Auseinandersetzung mit den Inhalten der Vorwürfe als Opfer einer Kampagne dar. Sie habe überdies Aussagen getätigt, „die als israelbezogener Antisemitismus interpretiert werden können und damit Anlass zur Prüfung geben“.

Roldán Mendívil: „Diffuse Verklärung“ von Israelkritik

Auf Anfrage von FURIOS widerspricht Roldán Mendívil in einer umfangreichen schriftlichen Stellungnahme. Besonders stört sie der Antisemitismusbegriff, wie ihre Kollegen ihn interpretieren: „Pauschal von ‘Israelkritik’ oder ‘Israelfeindlichkeit’ zu sprechen, scheint mir eine diffuse Verklärung dessen zu sein, worum es wirklich geht: um die Analysen konkreter Politiken der Besatzung und Apartheid.“

Zudem bezeichnet sie die Aktivitäten der Hochschulgruppe „Gegen jeden Antisemitismus an der FU“ als selektiv: „Das Engagement gegen jede Form von Rassismus und Kulturalismus ist begrüßenswert, wenn dieses nicht einseitig zur Unterstützung einer bestimmten Politik und zur Diffamierung abweichender Analysen missbraucht wird.“

Offene Drohungen von FU-Studenten

Sie selbst sei „zur Zielscheibe einer ganzen Reihe von, oft genug auch rassistischen, Projektionen geworden“, so Roldán Mendívil. „Im Internet schreiben neben anonymen Usern auch FU-Studierende offene Drohungen an mich.“ Gleichzeitig will die Dozentin den Dialog zu den Kollegen suchen, die sie öffentlich kritisieren. Für das kommende Wintersemester hofft sie auf neue Lehraufträge am OSI.

Die Prüfung der Antisemitismusvorwürfe durch den Experten Wolfgang Benz dauert indes an, wie OSI-Professor Bernd Ladwig gegenüber FURIOS bestätigt. Weitere Details dazu gibt es nicht, dafür steht nun ein Termin für die angekündigte Podiumsdiskussion fest.

Am Mittwoch, den 15. Februar um 18.15 Uhr wird das Thema “Israelkritik und die Grenzen der akademischen Diskussionsfreiheit” von sieben Diskutanten, darunter Politik-, Kommunikations- und Geschichtswissenschaftler, beleuchtet. Moderiert wird die Veranstaltung von Alexander Görke, Dekan des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften. Eleonora Roldán Mendívil wurde nach eigener Aussage “leider nur als Zuschauerin” eingeladen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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9 Responses

  1. Steffen sagt:

    Interessant ist vor allem, wie jetzt ein Haufen Antizionist*innen den Kommentarspalte füllt. Israel ist kein Apartheidsstaat, diese Aussage wird weder der historischen Realität Südafrikas, noch der Realität in Israel gerecht. Was sagt der Schwarm eigentlich dazu, dass seitdem Gaza faktisch judenfrei ist, von dort permanent Raketen abgefeuert werden? Roldán Mendívil ist der Meinung, man müsse mit den Antisemit*innen von der Hamas sprechen, deren erklärtes Ziel es ist, Israel ins Meer zu treiben und die in ihrem Herrschaftsgebiet Kritiker*innen ihrer Vernichtungspolitik verfolgt und ermordet. Die Fatah wiederum feiert Mörder als Märtyrer ihres angeblichen Befreiungskampfes. Aber natürlich ist an allem Israel schuld…

  2. fRating sagt:

    Interessant finde ich, wie die üblichen #hasbara-Trolle organisiert ‘Judenfeindlichkeit’ rufen, wenn jemand Apartheid u Rassismus in Israel verurteilt.
    Wie google noch zeigt, war das bei ‘codepink Bayreuth, ‘Norman Finkelstein’, ‘Abraham Melzer’ ebenso.
    Artikel 5 und 3 Grundgesetz werden hier, wie in Israel, wohl permanent verletzt.

  3. Kerstin Cademartori sagt:

    ……Zitat: …”um die Analysen konkreter Politik der Besatzung und Apartheid.“- genau darum muss es in der Diskussion heute am Institut gehen – um den NAHOSTKONFLIKT und die Analyse der durch die israelische Regierung täglich geschaffenen neuen facts on the ground, wie das neue “Enteignungsgesetz, das international, von der deutschen Kanzlerin und sogar vom israelischen Staatspräsidenten kritisiert wird. Rivlin spricht von seiner Befürchtung, dass Israel als “Apartheidstaat” international geächtet wird ! Immerhin steht das Ziel, dem sich alle Konfliktparteien unbedingt verpflichtet fühlen – SCHAFFUNG EINES GERECHTEN FRIEDENS! Und nur auf der Basis von Fakten kann man überhaupt den Antisemitismusvowurf gegen uns Kritiker der israelischen Staatspolitik diskutieren. Ich wünsche der heutigen Veranstaltung die nötige Ernsthaftigkeit und Fairnis im Disput und bei der Bewertung der politischen Entwicklung vor Ort und und des internationalen Diskurses zum Thema (Trump) ! Kerstin (Hannover)

  4. Clemens Messerschmid sagt:

    ein starkes Stück (Teil 2)
    Es ist hingegen genau dieser Artikel sowie auch die unsägliche ‘Stellungnahme-aus-dem-Mittelbau’, die vor Verdrehungen und infamen Unterstellungen nur so strotzen.
    So empörend es auch sein mag, es überrascht keineswegs, denn der ursprüngliche Beweggrund all dieser antideutschen Kampagnen ist ja einzig, der skandalösen Politik Israels den Rücken freizuhalten. und zwar in dem jegliche fortschrittliche Kritik am 50 Jahre alten völkerrechtswidrigen Status Quo unter der Militärbesatzung demagogisch verleumdet, denunziert, eingeschüchtert und damit unterbunden wird.
    Stärken wir Eleonora Roldán Mendívil den Rücken. Schluß mit der Besatzung und jeglicher Form von “A-PART-HEID”! (*)
    Clemens Messerschmid (Ramallah)
    (*) so Israels Staatspräsident Rivlin vor 3 Tagen in Haaretz: “WE WILL LOOK LIKE AN APARTHEIID STATE” – http://www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.771139

  5. Clemens Messerschmid sagt:

    Es ist schon ein starkes Stück!
    Da packen die Antideutschen am OSI die ganz große Antisemitismuskeule aus und drängen geradezu nach Berufsverbot. Und dann stellen sie sich selbst weinerlich als Opfer dar.
    Verkehrte Welt: Es ist eben nicht Eleonora Roldán Mendívil, die sich als Opfer darstellt; sie betont das ausdrücklich in ihrem Interview auf dieser Seite (FURIOS). Wenn man wem nicht vorwerfen kann, sie würde einer Auseinandersetzung – und zwar einer ernsthaften, inhaltlichen – aus dem Weg gehen, dann doch wohl ihr!
    (Teil 1 – Fortsetzung folgt)

  6. Steffen sagt:

    Korrektur: Es handelt sich bei den Teilnehmenden des Podiums mitnichten um “sieben OSI-Vertreter” – zumindest Prof. Trebbe lehrt am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft.

    • Marius Mestermann sagt:

      Hallo Steffen,
      vielen Dank für den Hinweis, wir haben das korrigiert. Uns hatte der Name der Veranstaltung aufs Glatteis geführt: “…Wissenschaftliche Stellungnahmen aus dem Otto-Suhr-Institut”.
      Grüße von der Redaktion

  7. Zuschauerin sagt:

    Wieso denn “lediglich als Zuschauerin” eingeladen? Das klingt ja, als würde sie oder gar der Autor des Artikels erwarten, dass sie eingeladen werden müsste?
    Aber erstens geht es bei der Podiumsdiskussion nicht um ihren Fall – was gut ist, denn solche öffentlichen Tribunale sind weder hilfreich noch höflich. Und zweitens kommen an der Uni nicht “Betroffene” zu Wort, sondern Menschen, die sich wissenschaftlich mit einem Thema auseinandersetzen. Und das tut die Dozentin bei diesem Thema offensichtlich und nach eigener Aussage nicht. Das ist nicht schlimm, sie könnte es aber möglicherweise ändern und dann zu neuen Erkenntnissen kommen.

    • Marius Mestermann sagt:

      Hallo Zuschauerin,
      wir haben in dieser Richtung keine Erwartungen, vielmehr schrieb uns Frau Roldán Mendívil, dass sie “leider nur als Zuschauerin eingeladen wurde”. Offenbar hatte sie in der Tat etwas anderes erwartet.
      Grüße von der Redaktion

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