Furios suchtet: Ellen DeGeneres

Stundenlang Katzenvideos auf Youtube schauen kann ja jeder. Evelyn Toma musste feststellen: Mindestens genau so viel Suchtpotenzial haben Videos der US-Komikerin Ellen DeGeneres.

Youtub-Sessions geraten nur allzu schnell außer Kontrolle- Symbolbild: Flickr

Youtube-Sessions geraten nur allzu schnell außer Kontrolle. Symbolbild: Flickr

Es ist 23.42 Uhr. Ich sitze aufrecht im Bett, den Laptop auf dem Schoß, das Youtube-Fenster seit Stunden offen. In der Suchleiste: „Ellen DeGeneres“. Kenn ich, hab ich schon gesehen, oh das ist neu!

Aus den vielen Ausschnitten ihrer TV-Show „The Ellen Show“ fällt meine Wahl auf „Ellen does fifty shades darker“. Es gibt zig Videos wie dieses, in denen sich die mittlerweile zur TV-Ikone gewordene Ellen in Szenen und Trailer berühmter Filme reinschneiden lässt. Ich liebe diese Frau dafür! Ich schaue „Ellen in Twilight – Breaking Dawn Part I“. Jetzt werden mir eine Reihe von Ellens Interviews mit Kristen Stewart vorgeschlagen. Und so führt das eine zum anderen und ich ertappe mich dabei, wie ich mir ein Interview anschaue, in dem Kristen Stewart von ihrer neuen Frisur erzählt.

Eigentlich interessiert mich nie, was die Gäste in den Interviews sagen. Aber Ellen schafft es irgendwie alles so zu drehen, dass es lustig ist. Es geht weiterhin um Haare. Ellen zeigt in ihrer Sendung das YouTube-Tutorial eines Mädchens, das erklärt, wie man einen Lockenstab benutzt – und sich dabei aus Versehen die ganze Haarsträhne abfackelt. In einem weiteren Video stellt Ellen ihren neuen Videostreaming-Dienst „Ellentube“ vor, bei dem ihre Zuschauer Videos wie dieses einschicken können. Da ich bereits Stunden mit Ellen verbracht habe, weiß ich schon, dass Ellentube mittlerweile ein Archiv für süße Tiervideos geworden ist.

Die echte Ellen

Das nächste Video, das Autoplay mir ausspuckt, scheint nicht so ganz zu passen. „Ellens Breakdown“ heißt es. Ellen kommt schluchzend auf die Bühne, rotzt ein Taschentuch nach dem anderen voll und erzählt von dem Schicksal eines kleinen Hundes. Sie hatte das Tier aus dem Heim gerettet, aufgepeppelt und an eine Familie mit Kindern vermittelt, nur um bald herauszufinden, dass das Tierheim sich den Hund zurückgeholt hatte. Nun fleht die sonst immer gut gelaunte Ellen unter Tränen im US-amerikanischen Fernsehen, der Hund solle doch zurück zu der Familie dürfen. Es ist erstaunlich, wie authentisch sie trotz ihrer Berühmtheit geblieben ist. Ich hasse Hunde, aber heule trotzdem mit. Um jetzt schlafen zu gehen, bin ich viel zu traurig.

Vom Titel des Videos her dachte ich zuerst, es ginge um Ellens Coming Out vor 20 Jahren. Als sie entschied, sich selbst und die Serienfigur ihrer damals laufenden Sitcom als Lesbe zu outen, war Ellen bereits TV-Liebling und eine Institution – die Sitcom hieß ebenfalls Ellen… Das Ganze wurde ein riesiger Eklat, war es doch zu diesem Zeitpunkt das erste Outing eines gefeierten TV-Stars.

Ellen, die erste Lesbe

Ich sehe mir das Interview nach dem Coming Out in der Oprah Winfrey Show an. Auf die Frage, warum Ellen sich geoutet hat, antwortet sie schlicht „Because it is ok.“ Dieser Meinung waren damals nicht viele. Oprahs Talk-Show-Gäste beschwerten sich, Ellen verseuche das Fernsehen mit Homosexualität, sie zelebriere die Sünde. Aus weiteren Interviews erfahre ich, dass die Sitcom nach dem Coming Out abgesetzt wurde.

Aber sie erhielt auch viel Zuspruch. Von homosexuellen Fans, die in Ellen endlich ein Vorbild fanden. Von anderen Promis, die den Mut aufbrachten, in ihre Fußspuren zu treten. Diesen Winter verlieh Ex-Präsident Barack Obama Ellen die „Medal of Freedom“, für ihren Mut damals. Dafür, dass sie vor zwanzig Jahren den Anfang machte. Um 4:12 Uhr fühlt sich meine mit YouTube durchzechte Nacht eher an wie ein produktiver Recherche-Tag. Wenn YouTube doch nur eine anerkannte Quelle für Hausarbeiten wäre.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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