Ausgeschlafen?

Vor 11 Uhr morgens geht gar nichts? Bestimmte Gene sind für unseren Schlafrhythmus verantwortlich. Widersetzen wir uns diesem, sind wir deutlich gestresster. Eine Studie der Charité warnt vor Depressionen und Burnout. Von Katharina Chowanski und Jan Heydebreck

 Illustration: die greta
Manchmal hilft nicht mal ein doppelter Espresso. Illustration: die greta

Um acht Uhr morgens in die Uni zu gehen, ist kein Zuckerschlecken. Besonders schwer ist die Überwindung aus dem Bett aufzustehen, wenn das ereignisreiche Wochenende noch in den Knochen steckt. Wenn dann aus Zeitmangel auch noch der Kaffee ausfallen muss, bändigt nichts mehr den Morgenmuffel im Studierenden. Die biologische Uhr stellt sich gegen seinen Alltag. In einer laufenden Studie der Charité beschäftigt sich der Stressforscher und Psychiater Mazda Adli mit den Folgen, die ein Arbeitsrhythmus entgegen der biologischen Uhr haben kann.

Um dem Thema nachzugehen, bestimmen Adli und seine Forschergruppe zunächst den Chronotypen ihrer Probanden. Das heißt, sie müssen herausfinden, wie deren innere Uhr tickt: Frühaufsteher oder eher Nachteule? Nach der Auswertung von über 1600 Datensätzen stellte sich heraus, dass die Mehrheit der Probanden rein biologisch lieber später aufsteht und länger aufbleiben würde.

Die Studie beschäftigt sich vor allem mit den Kandidaten, die extrem gegen ihre innere Uhr arbeiten. „Ein gutes Beispiel ist vielleicht ein Bäckermeister, dessen Körper am liebsten von zwei Uhr bis elf Uhr morgens schlafen würde, der aufgrund der Arbeitszeiten aber schon um halb drei Uhr morgens aufstehen muss“, schildert Adli. Da der dabei auftretende Stress den Folgen einer Zeitverschiebung durch einen Langstreckenflug ähnelt, nennen die Forscher diese Störung sozialen Jetlag.

Der soziale Jetlag führt wie sein Namensvetter zu einem erhöhten Stressrisiko, verschwindet allerdings nicht nach ein paar Tagen wieder. Adli sieht darin eine große Gefahr, an affektiven Störungen wie Depressionen oder Burnout zu erkranken. Er untersucht deshalb, ob die Kandidaten mit sozialem Jetlag auf Stresssituationen besonders heftig reagieren. Im MRT werden ihnen dafür Konzentrations- und Denkaufgaben gestellt, die sie unter Druck setzen sollen. Die Konzentration des körpereigenen Hormons Cortisol wirkt dabei als Stressindikator.

Adli geht davon aus, dass die Probanden mit sozialem Jetlag deutlich leichter unter Druck geraten. Der soziale Jetlag führe nämlich zu sogenanntem Chronostress, also einem dauerhaft hohen Stresslevel. Kann die Studie diese Verbindung beweisen, wäre das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Chronotyp, also die innere Uhr, Auswirkungen auf unseren gesamten Alltag hat. Frauen und Männer sind gleich von Chronostress betroffen, wie zu Beginn der Studie gezeigt wurde. Für bessere und vergleichbare Ergebnisse wird die Studie aber momentan nur noch mit berufstätigen Männern durchgeführt.

Eine einfache Lösung gegen den Chronostress gibt es leider nicht. Der Chronotyp ist genetisch festgelegt, also kann er selbst nicht beeinflusst werden. Man sollte aber mehr auf seine innere Uhr hören und sich so seinem Chronotypen anpassen. Auf der Webseite der Charité kann man sich über über den eigenen Chronotypen informieren. Bei der Berufswahl, könnten diese Faktoren mit einbezogen werden. Das ist natürlich nicht immer möglich. Flexible Arbeitszeiten oder arbeiten im Homeoffice können das Leben aber deutlich stressfreier machen. Da die Vorlesungen aber in den nächsten Jahren vermutlich nicht flexibel oder von zu Hause aus besucht werden können, müssen Studenten wohl noch eine Weile mit dem Chronostress klarkommen.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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