FU-Besetzung hinterlässt nur Flecken

Die Besetzung an der FU hätte ein Zeichen studentischer Stärke sein können – wurde jedoch von Beginn an kaum ernst genommen. Damit bleibt sie eine vertane Chance, findet Lucian Bumeder.

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Die FU ist besetzt. Ein Satz, ein Tweet, der große Bilder hervorruft, hatte doch die Besetzung des Instituts der Sozialwissenschaft (ISW) an der HU wenige Wochen zuvor Unterstützung in ganz Berlin gefunden. Am Ende rang „Holm bleibt“ die Präsidentin der HU nieder: Andrej Holm blieb.

Die FU brachte nun ein Beispiel, was studentischer Protest leider auch sein kann: kaum beachtet und kaum ernst genommen. Zwar besetzen die Protestierenden seit der Auflösung in der vergangenen Woche beharrlich statt dem Hörsaal den Flur davor. Doch das ist wohl kaum ein wirkungsvoller Protest, sondern höchsten ein kleines Zeichen des Trotzes. So ist zu befürchten, dass die Studierendenschaft sich mit diesem Protestversuch ins eigene Fleisch geschnitten hat.

Beschmutze Sofas bleiben die größte Sorge

Denn die große Bewegung im Hörsaal 1a blieb aus. Auch das FU-Präsidium entsandte dann eine weniger besorgte denn sichtlich genervte Kanzlerin Andrea Bör. Sie erlaubte die Besetzung bis zur Nachtruhe, warnte aber davor, auf den Sofas zu essen – diese seien schließlich ziemlich neu. Lachen und Unverständnis bei den Besetzenden: Der größte Hörsaal der Laube ist besetzt, eigentlich ein hochschulpolitischer Eklat. Doch das Präsidium sorgt sich vor allem um sein Mobiliar.

Die Vollversammlung, die am Dienstagabend das Feuer der Besetzung so richtig anfachen sollte, war dann auch bar jedes echten Beschlusses. Zur Ausarbeitung von Zielen, die gar für die Studierendenschaft repräsentativ sein können, braucht es schlicht mehr Zeit als ein paar Stunden. Zur Sofawarnung der Unileitung fand sich dann auch eine neue Interpretation. Die Warnung sei nicht lächerlich, sondern ein Mittel, um von der Formulierung wichtiger Ziele abzulenken und die ohnehin knappe Zeit zu stehlen.

Eine besorgniserregende Entwicklung

Im Nachhinein ist es nicht bloß unangenehm, sich von Professoren auf Facebook über Besetzung als studentischen Protest belehren lassen zu müssen, die „inflationäre Verwendung“ (OSI-Dozent Bernd Ladwig) ankreiden. Viel schlimmer: Das Präsidium hat gesehen, wie einfach und mit welch geringen politischen Kosten diese Besetzung aufzulösen war. Auch andere Studierende haben den Verlauf beobachtet. Ihre Bereitschaft, überhaupt aufzutauchen oder gar wertvolle Zeit in den Protest zu investieren, dürfte gesunken sein. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung. Denn Protest und Diskussion für mehr Freiraum an der Uni sind nicht nur vollkommen legitim, sondern auch dringend notwendig. Zu oft bleibt die Unzufriedenheit der Studierenden ein unbestimmtes Gefühl, das nicht in konkrete Änderungsvorschläge oder Forderungen ausgearbeitet wird.

So steht am Ende auch eine erschreckende Erkenntnis: Die Sorge um die Sauberkeit der Sofas war nicht etwa eine hinterlistige Ablenkung des Präsidiums von wichtigeren Forderungen. Tatsächlich schien sie schlicht ihre größte Sorge zu sein. Denn wenn der Protest bald zu Ende ist, bleiben als Überreste allerhöchstens der Geruch nach Suppe und ein paar Flecken Tomatensoße. War die veranstaltungs- und diskursreiche ISW-Besetzung noch der Beweis studentischer Stärke, blieb der FU-Versuch der Beweis politischer Schwäche.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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