Bye bye Generation Y

Leere Gesichter, doch die Steuererklärung immer im Blick: Beim Berufspraxistag verlor Corinna Segelken den Glauben an ihre Generation.

Auf neue Ideen brachte der Berufspraxistag wohl die wenigsten. Bild: Tero Vesalainen

“Wer von euch hier möchte eigentlich Journalist werden?”, fragt die Referentin, selbst freiberufliche Journalistin. Betretenes Schweigen erfüllt den stickigen Seminarraum. Dabei ist die Frage durchaus berechtigt, schließlich befinden wir uns im Panel “Medien und Journalismus” des Berufspraxistags für Politik- und Sozialwissenschaftler*innen. Die Studierenden im Hörsaal B des OSIs werfen sich verlegene Blicke zu. Fast wie damals in der Schule, wenn niemand zugeben wollte, die Hausaufgaben vergessen zu haben.

Warum sitzt ihr hier eigentlich?

Angesichts der leeren Gesichter frage ich mich bei vielen, wieso sie überhaupt hergekommen sind. Noch nicht zu wissen, was man von der Zukunft erwartet: geschenkt. Unsere Altersgruppe ist dafür grundsätzlich prädestiniert. Dass den extra angereisten Referent*innen aber ausschließlich Fragen nach Altervorsorge und Familiengründung gestellt werden: gewagt.

Beim Panel “Freelance” erlebe ich ähnliches. Überhaupt ein sehr irritierender Name für ein Berufsfeld. Da hätte es auch ein Panel “Nine-to-Five” oder “Schichtarbeit” geben können. Es scheint das Bild von unserer Generation zu sein: Was wir machen ist uns herzlich egal, solange wir Netflix-Marathons schieben können, wann immer es uns passt.

Wir sitzen in einem Stuhlkreis im Vorgarten des OSIs, vor uns zwei Freelancer, die nach einer Stunde Herumdrucksen endlich damit rausrücken, dass sie Freelancing eigentlich echt nicht so cool finden. Es sei schließlich schwierig sein Leben zu planen, so ohne festes Einkommen. Ach was. “Das Wichtigste beim Freelancing ist, dass ihr eine Krankenversicherung findet, die euch nicht pleite gehen lässt.” erklärt einer der Gäste. Der andere sieht das pragmatischer: “Am besten ist, ihr seid gar nicht Freelancer. Habt einen Teilzeitjob, von dem ihr die Miete bezahlen könnt und macht das Freelancing nebenbei.”

Idealismus adé

An Krankenversicherung und Altersvorsorge zu denken ist nicht unmittelbar mit Spießigkeit verbunden, kommt aber dieser Eigenschaft, die wohl jeder junge Mensch fürchtet, doch sehr nahe. Es scheint, als wären wir irgendwo auf der Strecke liegen geblieben. Auf dem Weg in die von gesellschaftlichen Zwängen befreite, ungewisse Zukunft, fiel uns auf, dass Ungewissheit die Steuererklärung ganz schön kompliziert macht. Dabei wird uns ständig nachgesagt, wir seien die an Idealen orientierte Generation Y, die sich von niemandem etwas sagen lässt, frei und selbstbestimmt lebt. Beim Berufspraxistag ist davon jedoch äußerst wenig zu spüren.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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