Nach turbulenten Wochen scheinen die Fronten im Streit um bessere Bezahlung studentischer Beschäftigter verhärtet. Doch die TV Stud gibt sich kämpferisch. Von Leonhard Rosenauer
Plötzlich steht die Möglichkeit eines Streiks im Raum: Nach mehreren ergebnislosen Verhandlungsrunden und Protestaktionen ist der Streit um den Tarif für studentische Beschäftigte in Berlin an einem neuen Tiefpunkt angelangt. Und so sagt Uwe Oehm, der die Initiative “TV Stud” bei den Verhandlungen vertritt und für diese eine kräftige Lohnerhöhung fordert, dass mittlerweile auch eine Niederlegung der Arbeit möglich scheint: “Wenn sich nicht bald etwas tut, können wir uns in Zukunft auch vorstellen, in einen Streik zu treten”, warnt Oehm. Zuvor wolle man aber alle weiteren Verhandlungsmöglichkeiten ausschöpfen. Das Problem: Seit der letzten Eskalation des Streits Ende Juni haben sich beide Seiten nicht aufeinander zu bewegt.
Was war zuletzt passiert?
Nachdem die Verhandlungen vorerst gescheitert waren, kam es am 22. Juni an der Humboldt-Universität während einer Festveranstaltung zu Protesten (Video). Zwei Tage später protestierten die Aktivist*innen bei der Langen Nacht der Wissenschaften, an der unter anderem Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit dem Anliegen der Arbeitnehmer*innen konfrontiert wurde. Während einer Rede des Politikers betraten protestierende Studierende mit Bannern die Bühne (Video). Müller fuhr unbeeindruckt mit seiner Rede fort, ohne auf die Studierenden oder ihr Anliegen einzugehen. Am Abend kam es zudem zu einer kurzzeitigen Besetzung des Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums an der HU.
Einziges Ergebnis: HU-Präsidentin Sabine Kunst stellte ein weiteres Angebot vor der Sommerpause in Aussicht. In der letzten Woche der Vorlesungszeit ist davon jedoch bislang nichts zu sehen. Auf Anfrage von FURIOS antwortete der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) Berlin lediglich, man kommentiere laufende Verhandlungen nicht.
Worum geht es in dem Tarifstreit?
Eine Lohnerhöhung von einem Euro, einen zusätzlichen Urlaubstag und eine Mindestlaufzeit des Tarifvertrags bis zum 31.12.2022: So lautete das Angebot des KAV, welcher derzeit die Verhandlungen für die Berliner Hochschulen im Streit mit der studentischen Initiative TV-Stud führt. Laut einer Pressemitteilung der studentischen Tarifkommission forderten die Hochschulen im Gegenzug eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten von studentischen Beschäftigten.
Insgesamt blieb das Angebot somit deutlich hinter der von Studierenden geforderten Lohnerhöhung auf 14 Euro pro Stunde zurück. Zugleich sei das Angebot im Vergleich zur vorangegangenen Version ein Rückschritt und damit ein Schlag in das Gesicht der Arbeitnehmer*innenseite gewesen, sagt Uwe Oehm. Zuvor boten die Hochschulen eine Lohnerhöhung von 44 Cent rückwirkend zum 1.1.2017 und die Kopplung an die Lohnentwicklung der übrigen Hochschulbeschäftigten gemäß des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Letzteres sah das neue Angebot nicht mehr vor, was die Beschäftigten finanziell langfristig hätte schlechter dastehen lassen.
Claudia Pfeiffer, KAV-Geschäftsführerin, begründete das neue Angebot in einer nur wenige Minuten nach Abbruch der Verhandlungen veröffentlichten Pressemitteilung, unter anderem damit, dass „ungelernte Arbeitskräfte wie beispielsweise Altenpflegehelfer einen Stundenlohn von 10,20 Euro bekommen oder das Bodenpersonal bei der Abfertigung an Flughäfen 9,02 Euro pro Stunde verdient“. Im Vergleich könne sich der angebotene Stundenlohn von 12,13 Euro gut sehen lassen.
Wie geht es jetzt weiter?
Während die Sommerpause schnell näherrückt, ist derzeit weder ein neues Angebot noch eine Einigung in Sicht. Auf Seiten von TV Stud gibt man sich dennoch kämpferisch: “Ein ereignisreiches Semester geht zu Ende. Wir haben zwar noch keinen Tarifvertrag, aber in den letzten Wochen haben wir permanent Druck gemacht und die Hochschulen genervt”, schrieb die Initiative auf Facebook.
Am Dienstag kam der Akademische Senat (AS) der HU zusammen, der Tarifstreit stand auch auf der Tagesordnung – allerdings nur als Besprechungsthema, wie die TV Stud auf Twitter schreibt. Der AS habe eine Stellungnahme beschlossen und wünsche die Wiederaufnahme der Verhandlungen, so die Initiative.