FURIOS verguckt sich: Giant Rooks

Manche Bands schaffen es wie auf magische Weise, die Erinnerungen an vergangene Sommer am Leben zu erhalten. Corinna Segelken kann im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied davon singen.

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Jeder Sommer hat einen Soundtrack, findet unsere Autorin. Foto: pineapplesupplyco

Jeder Sommer hat seinen Soundtrack. Und nein, ich meine nicht die sogenannten Sommerhits, die alljährlich im Radio totgespielt werden. Es sind die Songs, die nur eine kurze Zeit auf der eigenen Playlist stehen – und die einen doch noch Jahre später an die mückenumschwirrten Abende dieses einen Sommers zurückdenken lassen. Häufig tanzen sie auch beim Genre aus der Reihe und geraten etwas kitschiger als die alltägliche Musikauswahl.

Gigantische Säulen

So auch in meinem Fall: Obwohl die Zeiten, in denen ich Indie-Bands aus mir unbekannten deutschen Provinzen hinterherschmachtete, eigentlich schon eine Weile vorbei sind, schafften es die Giant Rooks, einen Platz in meiner diesjährigen Sommer-Playlist zu ergattern. Mit ihrer bereits Anfang des Jahres erschienenen EP “New Estate” spendierten sie fünf Songs für jede mögliche Ferienstimmung: Sei es in einem Schwung von Lebensfreude eine Sandburg zu bauen oder den von Melancholie schweren Kopf in eben diesen Sand zu stecken. Die ersten beiden Songs “New Estate” und “Bright Lies” begleiteten mich in den Urlaub und dort angekommen, fragte sich bald ein ganzes Hotel, wer denn diese Ophelia sei, die da andauernd besungen wird.

Zunächst nahm ich an, dass die ominöse Band, die mir den Sommer versüßt, bestimmt schon seit einigen Jahren solide Indie-Musik fabriziert – wie sollte ich es auch besser wissen, war doch bislang dieser Geheimtipp namens Annenmaykanterei das höchste der Gefühle für mich. Und Künstler, die allein im zweiten Song der EP viermal weltschmerzend “From a distance, see myself existing” singen, müssen schon einiges erlebt haben – dachte ich jedenfalls.

Teeniefaktor: überraschend hoch

Weit gefehlt. Bei meiner Googlerecherche entpuppen sich die Giant Rooks als frisch geschlüpfte Indie-Band, entstanden während ihrer Schulzeit in der Musikmetropole Hamm. Die fünf Bandmitglieder sind kaum zwanzig Jahre alt: ein Sänger der Marke Teenieschwarm, ein unangenehm übermotivierter Gitarrist – und drei weitere, die auch mitspielen dürfen, aber eher so aussehen, als würden sie gleich von Mutti abgeholt werden. Ich möchte sie am liebsten zurück in die Mittelstufe schicken, klängen die Songs nicht so bedacht produziert und ihre Texte nicht so erschreckend erwachsen.

Tatsächlich haben sie mehr veröffentlicht als diese eine EP – für mich jedoch irrelevant, schließlich waren fünf Songs für meine Sommer-Playlist vollkommen ausreichend und wenn der Herbst kommt, wird eh wieder andere Musik gehört. Der Sound der “Gigantischen Säulen”, wie sich ihr Name übersetzt, wird gerne als Art-Pop bezeichnet, was sie gelegentlich dazu verleitet, sich selbst mit Arcade Fire zu vergleichen. Sollten sie in Zukunft wirklich einmal Stadien füllen, so werde ich bei “Mia & Keira” jedenfalls auch dann noch nostalgisch an die schönsten Abende des Sommers 2017 zurückdenken.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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