Nachweise über die Sprachqualifikation sind oft entscheidend für die Aufnahme eines Masterstudiums. Dabei kann ein einzelner Punkt ausschlaggebend sein, wie Alexandra Brzozowski erfahren musste.
Der Plan war perfekt: Masterbewerbung abschicken, Bachelorarbeit fertig schreiben, Praktikum abschließen und dann ab nach Brüssel für den Politik-Master, das neue Abenteuer. Doch ein grünes A4-Blatt Papier sollte mir vorerst einen Strich durch meine Rechnung ziehen.
Ausländische Unis verlangen von Nicht-Muttersprachler*innen ein englisches Sprachzertifikat, meist ist das der TOEFL-Test (Test of English as a Foreign Language). Auch viele deutsche Unis sind bei ihren Masterbewerbungen bereits auf diesen Zug aufgesprungen. Bewertet wird nach einem Punktesystem mit einem Maximum von 120 Punkten. Die meisten Hochschulen im Ausland verlangen 80 bis 90, bei Elite-Universitäten beginnt der Score ab 100 oder mehr Punkten.
Drei Wochen vorher
100 – eine schöne runde Zahl, die meine Traum-Uni als Score von ihren Bewerber*innen verlangte. Das ist hoch, aber machbar, dachte ich und meldete mich an. Glücklicherweise hatte ich neben englischsprachige Politikkurse an der FU bereits sechs Monate im Ausland auf Englisch studiert.
256 Euro – keine runde Zahl, vielmehr eine, die Kopfschmerzen verursacht. Denn so viel Geld musste ich für den Testservice hinblättern. Allein diese Summe versperrt so einigen den Zugang zum Studienplatz – nicht alle können sich den Test leisten. Für den Anbieter ist das ein Millionengeschäft: Eine riesige Begleitindustrie baut mit Testmaterialien und Extrakursen auf der Not der Studis auf.
Der Testtag
10 Uhr, in einem Testzentrum in Berlin-Spandau. Ein Wachmann kontrolliert die Ausweise am Eingang, es werden Sicherheitsschranken passiert, Fotos für die Akten gemacht, Verträge unterschrieben. Die Anwesenden gleichen Nervenbündeln: Nicht einmal einen eigenen Stift dürfen wir mit in den Testraum nehmen. Ich setzte mich an einen der mit Pappwänden voneinander abgetrennten Computerarbeitsplätze und blicke vier Testabschnitten entgegen, die in knapp fünf Stunden zu absolvieren sind.
Begleitet vom unbarmherzigen Ticken der Uhr arbeite ich mich durch Reading, Listening, Speaking und Writing. Ich lasse Vorlesungsmonologe über mich ergehen und verfluche mich innerlich dafür, schon seit Ewigkeiten nur noch auf dem Laptop mitzuschreiben: handschriftliche Notizen sind ein Graus. Bei der mündlichen Aufgabe werden mir 15 Sekunden Bedenkzeit zugestanden – und anschließend 45 Sekunden Nonstop-Antworten erwartet. Dass sich gelegentlich ein “äähm” untermischt, verbessert meine Nervosität keineswegs. Multiple-Choice Fragen zu Texten über die Thermodynamik von Vögeln geben mir anschließend den Rest. Zum Schluss noch eine kreative Schreibaufgabe: “Warum sollten wir Bäume und das Ökosystem schützen?” Nach dreißig Minuten wird der Bildschirm schwarz – Ende.
Spoiler: Zwei Wochen später
Die Zahl 99 steht unbarmherzig auf dem grünen A4-Blatt – ein passables Ergebnis, aber für mich ein Punkt zu wenig und vorerst Endstation meiner Zukunftsträume. Woran lag es? Zu kurze Vorbereitungszeit? Der Uni-Stress? Oder ist dieser Test mit den fachfremden Texten und kurzen Zeitspannen einfach sehr tückisch konzipiert?
Ich beschließe, einen verdammten Punkt nicht über meine Zukunft entscheiden zu lassen und mein Glück erneut zu versuchen. Die Lernerei gebe ich auf und versuche es diesmal mit amerikanischen Late Night Shows und TED Talks. Die Rechnung geht auf: 109 von 120 Punkten. Brüssel, ich komme!