Gut gerüstet fürs Gendern

Kathleen Heft und Melanie Bittner haben eine “Toolbox” für gender- und diversitätsbewusste Lehre entwickelt. Im Interview mit Leonhard Rosenauer erklären sie, wie das in der Praxis funktionieren soll.

Wie lässt sich Diskriminierung - auch im Hochschulalltag - vermeiden? (© 2017 Pudelskern GbR)

Wie lässt sich Diskriminierung – auch im Hochschulalltag – vermeiden? (Bild: Pudelskern GbR)

Am Freitag erst hat die Freie Universität für ihr “beispielhaftes Engagement zugunsten der Gleichstellung von Frauen und Männern” das Total-E-Quality-Prädikat erhalten – zum sechsten Mal in Folge. Der “Modellcharakter für andere Hochschulen” äußere sich beispielsweise durch “die systematische Integration von Gender-Aspekten in die Studien- und Prüfungsordnungen” – und die digitale „Toolbox Gender und Diversity in der Lehre“.

FURIOS hat mit Kathleen Heft und Melanie Bittner vom Margherita-von-Brentano-Zentrum für Geschlechterforschung der FU über die “Werkzeugkiste” gesprochen.

FURIOS: Worum handelt es sich eigentlich bei der „Toolbox Gender und Diversity“?

Kathleen Heft: Die Toolbox ist eine Homepage, auf der Hinweise und Informationen zu gender- und diversitätsbewusster Lehre zusammengestellt sind. Sie wird gefördert von der Zentralen Frauenbeauftragten der Freien Universität (Mechthild Koreuber, d. Red.) und dem Margherita-von-Brentano-Zentrum.

An wen richtet sich das Angebot genau?

Die Toolbox richtet sich an Lehrende der FU oder anderer Hochschulen. Sie ist frei zugänglich für alle und sowohl für Leute geeignet, die sich erstmals zu diesem Thema informieren möchten, als auch für Leute, die ihr Vorwissen vertiefen möchten und neue Sachen in der Lehre ausprobieren wollen.

Wie hoch schätzt ihr die Notwendigkeit für ein solches Projekt an der Freien Universität oder anderen Hochschulen ein?

Melanie Bittner: Ich würde da keinen Unterschied zwischen der FU und den anderen machen, da sich aktuell viele Hochschulen mit dem Thema auseinandersetzen.

Es gibt einerseits immer noch strukturell bedingte Diskriminierung, die mit Gender und Diversität zusammenhängt, zum Beispiel beim Zugang zu den Hochschulen, bei Bewertungen oder der Personalauswahl. Dazu kommen dann noch andere Felder wie die Auswahl der Texte, welche gelesen werden und die Schwerpunktlegung bei Themen. Hinzu kommt die Entscheidung, wer als besonders förderungswürdig wahrgenommen wird und wer nicht.

Könnt ihr das ein bisschen veranschaulichen?

Melanie: Also eine Sache, die viele Lehrende beschäftigt, ist die Frage, wer sich hauptsächlich im Seminar beteiligt. Die Erfahrung zeigt, dass das oft eine relativ kleine Anzahl an Studierenden ist und – auch auf die Gefahr hin zu stereotypisieren – dass es häufig Männer sind, die länger sprechen als Frauen.

Wie lässt sich dieses Problem praktisch lösen?

Kathleen: Also einerseits spielt es eine Rolle, welchen Rahmen ich schaffe und mit welcher Haltung ich meinen Studierenden gegenübertrete. Zum Beispiel sollte man mit Sprache möglichst niemanden ausschließen, was der Fall ist, wenn man grammatikalisch nur Männer anspricht. Zudem gibt es aktivierende Methoden mit denen Studierende niedrigschwellig zum Reden gebracht werden können. Ein Beispiel wären Murmelgruppen, bei denen Studierende zunächst im kleinen Kreis miteinander sprechen, um so eine Diskussion zu starten.

Melanie: Oder man thematisiert das ganze einfach und spricht mit den Studierenden darüber wie man miteinander umgehen möchte, ob es gewisse Regelungen geben sollte. Immer mit dem Ziel, dass viele Studierende zu Wort kommen können. Dazu werden wir auch eine Methode auf der Webseite präsentieren.

Wie ist die Nachfrage seitens der Lehrenden?

Kathleen: Die Nachfrage ist auf jeden Fall da. Gerade Lehrende, die sich mit diesem Thema bereits theoretisch auseinandergesetzt haben und das auch in der Lehre umsetzen wollen, kommen auf unsere Veranstaltung oder stellen Anfragen.

Melanie: Die Seite ist im vergangenen November online gegangen und mittlerweile auch auf Englisch verfügbar. Zudem haben wir in den Fachbereichen und Gremien Kurzpräsentationen gehalten. Da Lehrende, die sich vertieft damit beschäftigen wollen, oftmals nur wenig Zeit haben, bieten wir auch Kurzworkshops an.

Ihr habt Fragen oder möchtet auf Diskriminierung aufmerksam machen? Dann meldet euch bei kontakt@genderdiversitylehre.fu-berlin.de.

Mehr Informationen zur Gender Toolbox gibt es hier. Vom 6. bis 9. November findet an der FU zudem eine Themenwoche gegen sexualisierte Diskriminierung und Gewalt statt – hier geht’s zum Programm.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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