Gegen den umstrittenen Gender-Paragrafen in der Stupa-Geschäftsordnung wird nun geklagt. Das nächste Level der Auseinandersetzung ist damit erreicht. Felix Lorber berichtet.
Die zwei ehemaligen Abgeordneten des Studierendenparlamentes der FU (Stupa) Jonas Saggerer und Maarten van der Werf haben eine Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht zum umstrittenen Gender-Paragrafen der Geschäftsordnung des Parlamentes angestrengt. Dies wurde im Rahmen der aktuellen Viertelstunde in der ersten Sitzung des neuen Stupa bekannt. Nach Absatz 3 des Paragrafen 6 gelten eingereichte Anträge nur dann als formgerecht und somit zulassungsfähig, wenn sie in einer Sprache formuliert sind, „die alle Geschlechter gleichermaßen abbildet“.
Bisherige Bemühungen seitens der Kritiker scheiterten
Die Gender-Regelung wurde 2013 auf Antrag der Juso-Hochschulgruppe eingeführt und bei damals drei Enthaltungen und nur einer Gegenstimme angenommen. Spätestens seit dem Sommersemester 2017 steht diese jedoch immer wieder im Zentrum öffentlicher, teils harscher Kritik.
Ein zum Beginn des Wintersemesters 2017/18, von den damals noch im Stupa für die “Initiative Campusbar” vertretenen Saggerer und van der Werf, eingereichtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren, das die Geschäftsordnung außer Kraft setzen sollte, wurde gerichtlich abgelehnt. Anträge auf Änderung des betreffenden Paragrafen scheiterten mehrheitlich im Parlament, wodurch er weiterhin Anwendung findet.
Die Initiative Campusbar hatte auch in der letzten Sitzung des Parlaments in alter Zusammensetzung am 27. November 2017 zwei Anträge eingebracht, die an das „Studentenparlament“ adressiert waren, weshalb sie durch die Sitzungsleitung nicht zur Abstimmung zugelassen wurden. Auf diese Nichtberücksichtigung beruft sich nun die Feststellungsklage.
Kläger berufen sich auf Verfassung
In der Klageschrift, die FURIOS vorliegt, nennen die beiden Kläger den betreffenden Absatz verfassungswidrig und bezeichnen ihn als „unvereinbar mit den Wertungen der Meinungs- und Religionsfreiheit, sowie mit demokratischen Grundsätzen“. Weiterhin wird das Schriftbild geschlechtsneutraler Sprache als „sprachästhetisch“ nicht hinnehmbar betitelt. Der Zwang zur Verwendung bilde eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, die nicht nur Inhalt, sondern auch Form der Äußerungen schütze. Sie verweisen außerdem auf religiöse Hintergründe und ziehen gar die biblische Schöpfungsgeschichte zurate, die ausschließlich zwei Geschlechter kenne. „Den Antragsstellern als bekennenden Christen kann nicht ohne Verletzung der Religionsfreiheit zugemutet werden, die Existenz weiterer Geschlechter anzuerkennen“, heißt es dazu in der Klageschrift. Letztlich würden demokratisch legitimierte Abgeordnete in ihrem freien Mandat eingeschränkt.
Asta wird zum Ziel der Klage
Da sich die Klage gegen die Studierendenschaft der FU Berlin richtet, deren Vertretung der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) ist, muss sich dieser nun mit den Vorwürfen befassen und dem Gericht eine eigene Stellungnahme, sowie Verwaltungsvorgänge zukommen lassen. Janik Besendorf als Vertreter des Referats für Kommunikation und Antirepression des Asta machte vor den Parlamentarier*innen des Stupa klar, dass der Asta eine andere Rechtsauffassung besitze. Aufgrund des laufenden Verfahrens verzichtete er dazu jedoch auf nähere Ausführungen. Gegenüber FURIOS bestätigt Besendorf allerdings noch einmal die politische Sichtweise des Asta: Dieser sei „weiterhin von der Geschäftsordnung sowie einer geschlechtergerechten Sprache überzeugt und sieht diese durch Verwendung des generischen Maskulinums nicht gegeben.“
Für Saggerer, der bei den diesjährigen Stupa-Wahlen für den CDU-nahen „Ring Christlich Demokratischer Studenten“ (RCDS) kandidierte, allerdings ein Mandat verfehlte, geht es bei der Klage nicht primär ums Gendern. „Eine neutrale Geschäftsordnung darf keine politischen Wertungen enthalten, wie sie diesem Formkriterium zugrunde liegen“, erklärt er gegenüber FURIOS. Er sieht das Wirken des Stupa durch den Asta politisch bestimmt.
Mit der Klage, die nun bei Gericht anhängig ist, erreicht die Auseinandersetzung eine neue Stufe. Den hochschulpolitischen Rahmen und die Grenzen des Studierendenparlamentes hat sie dabei schon längst verlassen. Weitere Verfahrensschritte stehen derzeit aus. Mit einer schnellen Entscheidung dürfte aufgrund der Überlastung des Berliner Verwaltungsgerichts allerdings nicht gerechnet werden.