Einfach mal den Stecker ziehen! Dank Technikausfall beweist Louane, dass sie mehr musikalisches Talent besitzt, als ihre Studioaufnahmen versprechen. Janine Ponzer über ihr Konzert in Berlin.
„Mein Name ist Louane. Ich spreche keine Deutsch. Und ich möchte gerne Wurst, danke.” Im ausverkauften Heimathafen leitet die junge Musikerin sympathisch durch den Abend. Nicht nur Teeniefans in Elternbegleitung jubeln ihr begeistert zu. Mit Talent und Humor beeindruckt Louane Besucher*innen aller Altersklassen.
In Deutschland wurde die 21-jährige durch einen „Whoa whoa whoa-oh”-Ohrwurm bekannt. Vor wenigen Jahren erreichte „Avenir” Platz 3 unserer Single-Charts. Der erste Eindruck ihrer Songs ist zuckerwattensüße Popmusik, die mit elektronischen Gute-Laune-Beats vor allem eine kindlichere weibliche Fangemeinde ansprechen würden.
Besser als auf Spotify
Die Bühne erhellt in blauem Scheinwerferlicht, als ein „Oh oh oh oh-oh” den Beginn des Konzertabends ankündigt. Zunächst von Keyboard und digital verzerrten Tönen begleitet, startet Louane mit dem Lied „Nos secrèts” aus ihrem ersten Album „Chambre 12”. Schnell wird klar, dass die Live-Band nicht im Schatten der Sängerin steht. Den Spaß auf der Bühne trägt die eingespielte Gruppe gemeinsam ins Publikum.
Das stimmige Arrangement betont Louanes luftig-sanfte Stimme, die ihre französischen Texte elegant umhüllt. E-Gitarren und Schlagzeug lassen sie mal rockiger, mal jazziger klingen. Tasten-, Saiten- und Taktinstrumente runden den Sound melodisch ab. Zum Rhythmus bewegt sich Louane in Richtung der Mitmusiker*innen und sucht dann wieder die Nähe zu ihren Fans am Bühnenrand.
Häufiger lässt Louane das Mikro in der Halterung, um eine Gitarre in die Hand zu nehmen. Die Rolle der Leaderin steht ihr. Anfangs muss sie die Zuhörer*innen trotzdem zu mehr Aktion animieren: „Berlin singt nicht, oder etwa doch?”, fragt Louane nach den ersten Liedern. Ihr Debüt-Hit „Jour 1” wird schließlich laut mitgeträllert. Spätestens bei „Avenir” stimmen alle zu „Whoa” und „Hey” mit ein.
Auch ein Cover ihrer „absoluten Lieblingsband” gehört zur Setlist: „Ich will euch zeigen, welche Musik mich geprägt hat.” Louane schnappt sich die Ukulele und spielt mit ihren Instrumentalisten den Coldplay-Hit „Yellow”. Erneut rührt sie das Publikum, als sie die gefühlvolle Ballade „Si t’étais là” solo am Klavier begleitet.
Dem Technikausfall sei Dank
Als Louane mit ihren Fans einen zweistimmigen Gesang zu „No” einübt, treten technische Probleme auf. „Il y a un problème”, meldet sie kurz verunsichert. Ohne zu zögern sind sich die Musiker*innen aber einig: Das Konzert geht unplugged weiter. Selbst als ihre Stimme wieder verstärkt wird, bleiben elektronische Hinterlegungen bis zum Schluss weg – was den Auftritt lediglich befördert.
Auf dem Konzert beweist sich Louane als leidenschaftliche Künstlerin, die eine mitreißende Show liefert. Ihre musikalische Begabung und die stilistische Vielfalt kommen auf den Platten leider nicht in diesem Maße zur Geltung. Schade, dass Louane im Tonstudio noch nicht primär auf die Band gesetzt hat. Mehr davon und wir hören bald hoffentlich mehr französische Musik in unseren Charts.