Mit ihrer Hinhaltetaktik im Tarifstreit liegen die Hochschulen schon lange falsch, das bestätigte jetzt auch ein Gericht. Liebe Unis, wacht endlich auf und verhandelt fair, fordert Felix Lorber.
Fast ein Viertel der an den Berliner Hochschulen arbeitenden Studierenden verrichtet eine andere Arbeit, als ihre Bezahlung verrät. Wer in Verwaltung, Service, IT oder auch den Bibliotheken angestellt ist, verdient einen Lohn, der deutlich über dem studentischen Tarifvertrag (TVStud) liegt – und zwar gemäß dem Tarifvertrag der Länder, bekannt als TV-L. Dass dies nun das Berliner Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz festgestellt und bestätigt hat und somit einer HU-Studentin eine Lohnerhöhung von ursprünglich 10,98 Euro (TVStud) auf nun 16,61 Euro (TV-L) zuschreibt, ist für die Berliner Unis eine krachende Niederlage.
Das Urteil ist nicht nur ein juristischer Präzedenzfall, der wohl weitere Klagen zu niedrig eingestufter Studierender nach sich ziehen wird, sondern vor allem auch ein symbolisches Zeichen. Die Unis liegen falsch in ihrer Hinhaltetaktik und müssen endlich auf die Forderungen der Streikenden eingehen.
Eine Dynamisierung der Löhne ist notwendig
Die Hochschulen haben in den seit über einem Jahr andauernden Verhandlungen gebetsmühlenartig darauf verwiesen, dass die Arbeit Studierender nicht mit der regulärer Arbeitnehmer zu vergleichen sei. Dieser letzte große Trumpf bröckelt nun. Noch in der letzten gescheiterten Verhandlungsrunde hielt der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV), der für die Hochschulen verhandelt, in seiner Pressemitteilung fest: „Im Unterschied zu den anderen Beschäftigten der Hochschulen sind Studenten eben keine klassischen Arbeitnehmer.“
So wurde immer wieder die, für die Studierenden zentrale, Forderung nach einer kontinuierlichen Lohnentwicklung abgeschmettert. Das einzige wirklich kompromisslose Anliegen aufseiten der Beschäftigten, im neuen Tarifvertrag doch bitte eine Anbindung an den TV-L festzuschreiben, um nicht aller paar Jahre erneut derartig kräftezehrende Verhandlungen durchzumachen, ist berechtigt. Obwohl die Lebenshaltungskosten in Berlin massiv weiter steigen und sogar die Hochschulverträge eine dahingehende Anpassung vorschreiben, sperren sich die Unis und stellen sich taub.
Keine Arbeitnehmer*innen zweiter Klasse
Dabei zeigt das Gerichtsurteil auch, dass eine Dynamisierung der Löhne für die Unis wohl immer noch um einiges billiger wäre, als die studentischen Hilfskräfte durch hauptberufliches Personal zu ersetzen. Das Urteil sollten die Hochschulen als Anlass nehmen, um die Gemüter zu beruhigen und durch eine gemeinsame Lösung am Verhandlungstisch, die eine Lohnanbindung an die Entwicklung des TV-L vorsieht, den in Aussicht stehenden Erzwingungsstreik zu vermeiden. Dieser wäre für beide Seiten zermürbend, würde die Hochschulen letztendlich aber vermutlich härter treffen.
Das Verhandlungskalkül, die Hinhalte- oder teilweise bloße Verweigerungstaktik der Hochschulen ist gescheitert. Allen voran die FU bestach in den vergangenen Monaten durch anfängliche Drohversuche per Rundschreiben, die später gar nicht so gemeint waren und eine emotionslose Abwehrhaltung. Die Unis sollten nun die Chance wahrnehmen und endlich aufwachen, auch um den eigenen Ruf irgendwie halbwegs zu retten. Schon jetzt wirkt das Versprechen des neuen FU-Präsidenten Günter Ziegler, man wolle auch in Zukunft als „attraktiver Arbeitgeber“ wahrgenommen werden, wie reiner Zynismus.
Studierende sind keine Arbeitnehmer*innen zweiter Klasse. Dass die studentischen Beschäftigten seit 17 Jahren keine Lohnerhöhung bekommen haben, ist mittlerweile einfach nur noch peinlich. Liebe Hochschulen, tut endlich was!