FURIOS Fake News: Seehofer und Maaßen machen ihre Arbeit

CSU und Verfassungsschutz hören auf Rechtsextremen in die Karten zu spielen. Corinna Cerruti berichtet über späte Einsichten und unerwartete Folgen.

Mit dieser Kursänderung hat niemand gerechnet. Foto: pixabay.com

Am Mittwochabend ließ Regierungssprecher Steffen Seibert auf einer spontanen Pressekonferenz bekannt geben, dass sich die Bundesregierung nach langem Hadern dazu entschlossen habe, den Rechtsruck mit einer neuen Strategie zu bekämpfen. Der Rechtspopulismus solle nicht weiter das politische Klima bestimmen, sagte Seibert. „Die Verrohung der Sprache sowie die internen Machtkämpfe einiger Politiker haben viel zu lange die Regierungsarbeit beeinträchtigt.“

Stattdessen wolle man sich fortanauf die wichtigen Themen konzentrieren, die die Menschen schon seit langem beschäftigen und von denen die Flüchtlingsthematik in den letzten Jahren nur abgelenkt habe. Dazu gehöre unter anderem der Pflegenotstand, der Mangel an Kitaplätzen, die schleppende Digitalisierung und die nachhaltige ökologische Energiegewinnung, zählte Seibert auf.

Seehofer und Maaßen räumen Fehlverhalten ein

Auf der Pressekonferenz, an der auch Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und Bundesinnenminister Horst Seehofer teilnahmen, räumte Maaßen Fehler ein: „Es mag sein, dass wir in der Vergangenheit auf dem rechten Auge etwas blind gewesen sind“, gab er zögernd zu, „nachdem ich mir das Videomaterial aus Chemnitz nochmal genauer angesehen habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es sich nicht um einen Fake handelt und wir tatsächlich eine bedenkliche Anzahl gewaltbereiter Nazis im Land haben.“ Die in den letzten Jahren gestiegene Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten und die jüngsten Hetzreden seitens der AfD haben ihn nun dazu veranlasst, die geforderte Überwachung der Partei anzuordnen, erklärte Maaßen.

Auch Seehofer bestätigte den neuen Kurs der Regierung. Er unterstütze die Überwachung durch den Verfassungsschutz. Dies sei auch der Grund, warum er Maaßen vor kurzem noch sein „uneingeschränktes Vertrauen“ ausgedrückt habe. Er selbst sehe ein, dass seine jüngsten Aussagen wenig zur Lösung der Probleme geführt, sondern nur weiteren Hass in der Gesellschaft befeuert haben. „Ich möchte nun nicht mehr der AfD nacheifern, sondern mich wieder auf das Wesentliche rückbesinnen“, schloss er demütig.

Die Mutter aller Probleme ist eine andere

Vergangenen Woche hatte der Innenminister am Rande einer Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im brandenburgischen Neuhardenberg die Migration noch als „Mutter aller Probleme“ bezeichnet. Er entschuldigte sich nun öffentlich für diesen Fehlgriff: „Ich gebe zu, dass meine Gier nach Wählerstimmen mein Urteilsvermögen getrübt haben mag. Die Bundeskanzlerin und ich haben in den vergangenen Nächten lange Gespräche darüber geführt, welche mich zu einem hohen Maße an Selbstreflexion angehalten haben.“

Dabei seien sie zu dem Schluss gekommen, dass nicht die Migration, sondern sein „stümperhaftes Auftreten“ die Ursache für viele Probleme gewesen sei. „Wir haben viel zu lange zu wenig für die Menschen getan und mit den Migrationsthemen nur für Unruhe und weitere Spaltung gesorgt. Die AfD soll aber nicht mehr unsere Agenda bestimmen!“

Neue Strategie zeigt umgehend Wirkung

Nach Bekanntmachung der neuen Leitlinie veröffentlichte infratest für die CSU ein außerordentliches Umfragehoch in Bayern. Bei über 60% liegt die Partei derzeit– so hoch wie schon seit Jahren nicht mehr. Im Gegensatz dazu stürzt die AfD in allen Bundesländern auf weniger als 10% – Tendenz weiter fallend.

AfD-Fraktionsvorsitzender Alexander Gauland dagegen kündigte noch für diese Woche einen weiteren Protestzug in Chemnitz an, den die Polizei jedoch nicht genehmigte. Grund dafür sei der Verdacht der Volksverhetzung, der zwar in der Vergangenheit stets ignoriert wurde, aber dank der neuen Agenda von den Behörden wieder ernst genommen wird.

Autor*in

Corinna Cerruti

sucht ihre Geschichten am liebsten in den Zahlen. Auf Twitter als @Corinna_Cerruti.

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