Dahlemer Diebstähle

Berliner Studierende sind notorisch knapp bei Kasse und müssen an jeder Ecke sparen. Ob sie dafür auch zu illegalen Methoden greifen, hat Philipp Gröschel untersucht.  

Immer wieder geht Geschirr in der Mensa verloren. Foto: Pixabay

Ob Besteck und Tassen in der Mensa oder die Klopapierstapel auf den Toiletten – die Menge an unbewachten mehr oder weniger wertvollen Gegenständen in der Uni ist verlockend. Gerade am Monatsende, wenn die meisten Studi-Geldbeutel nur so vor Leere gähnen und viele WG-Utensilien durch die letzte Hausparty sowieso zerstört wurden, ist die Verführung groß, sich hier mal eben zu bedienen. Und tatsächlich: Täglich werden laut Mensa-Mitarbeiter*innen weniger Besteck, Tassen und Teller zurück- als ausgegeben. Und in der philologischen Bibliothek munkelt man von einer Person, die beim Bücher-Diebstahl erwischt wurde, während gleichzeitig am Biologie-Institut in Seminaren Lehrbücher und Laserpointer entwendet werden. Doch verhalten sich Studierende an der Uni wirklich wie Elstern auf Schatzsuche?

Erst die Kaffeetasse und dann einen Beamer?

Die Suche nach Antworten führt zunächst in die Mensa II, wo es täglichen Schwund an Gebrauchsgegenständen gibt. Die Pförtner haben eine einfache Erklärung: Sachen verschwinden eher aus Unachtsamkeit. Fast jede*r Studi kennt das: Schnell muss noch ein Kaffee nachgekippt werden, doch die Vorlesung fängt s.t. an und man will sich ja nicht den Mund verbrühen. Schlussendlich gibt es dann keine andere Möglichkeit: die Tasse muss mit in den Hörsaal. Doch wer hat schon die Zeit, nach der Vorlesung nochmal zurück zur Mensa zu laufen, nur um dieses Billig-Keramikprodukt abzugeben? Selbst aus den Händen des Lehrkörpers finde nicht alles Geschirr den Weg zurück in die Abgabe, sagt eine Pförtnerin. Viel ginge aber nicht verloren, verglichen mit der Zahl der Leute, die jeden Tag dort essen.

Auch in den Bibliotheken will man nichts von kleptomanischen Studierenden wissen. Die Universitätsbibliothek möchte ihre Nutzer*innen nicht “generell an den Pranger stellen” und der Schaden halte sich doch “in erträglichen Grenzen”. Es würden zwar immer mal wieder Bücher als vermisst registriert, davon seien aber nicht automatisch alle gestohlen, sagen MitarbeiterInnen der philologischen Bibliothek.

Schusseligkeit statt Diebstahl

Die weitere Recherche führt in eine wahre Schatzkammer der FU: das zentrale Fundbüro. Verloren gegangene Bücher vergesslicher Studierender und die unzähligen Tassen, die sich in der Rost- und Silberlaube überall finden, sind nicht die einzigen Dinge, die hier zuhauf abgegeben werden: Täglich bis zu 200 Wertgegenstände wie Laptops und Geldbeutel wechseln aus der sorglosen Obhut ihrer studentischen Besitzer*Innen in die Hände des Fundbüros – meist durch die Hilfe ehrlicher Studierender.

Doch die Pförtnerin kommt beim Erzählen erst richtig in Fahrt: Selbst Matratzen, Unterhosen und ca. 200 USB-Sticks pro Monat fänden dort für drei Monate ein neues Zuhause, bevor sie im schlimmsten Falle mangels Besitzer zwangsläufig vernichtet würden. Und wenn der Winter richtig losgeht, erwarte das Fundbüro bis zu 50 Schirme pro Regentag. Auch in den Schließfächern, die nach 24 Stunden automatisch öffnen, würden häufig Schätze entdeckt. Der bei weitem spektakulärste Fall sei ein Geldbeutel mit dem Inhalt von sagenhaften 1500€ gewesen.

Es zeigt sich, dass die FU-Studierenden keineswegs Verbrecher*innen sind, sondern vielmehr ein argloser Haufen, der nicht viel von Besitz hält. Schusselige Studis statt dreister Diebereien, nirgends merkt man das so sehr wie bei einem Besuch im Fundbüro. Polizei und Mensaausstatter*innen können beruhigt sein – von kleptomanischen Studis an der FU keine Spur.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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