70 Jahre FU und niemand hat’s gehört

Ein runder Geburtstag ist ein Grund zum Feiern. Die FU feiert ihr 70-jähriges Bestehen vor allem mit der älteren Generation. Klara Siedenburg war vor Ort und bewertet das Geschehen kritisch. Eine Glosse.

Selbstbeweihräucherung im Henry-Ford-Bau: Die FU-Geburtstagspary. Foto: Klara Siedenburg

Durchgefrorene Damen und Herren der älteren Generation blockieren mit ihren Mänteln Sitzplätze im Audimax, während im Sekundentakt Fotoblitze den Saal aufhellen. Zur Jubiläumsfeier zum 70-jährigen Bestehen der FU scheinen es wirklich alle geschafft zu haben. Mit einem Blick über die grüne Polsterung fällt allerdings schnell auf, wer an diesem Abend an der Uni fehlt: Studierende.

Dabei waren es doch angeblich Studierende, die die FU gegründet haben. Klar, der Großteil davon sitzt stark gealtert und röchelnd im Publikum, aber dennoch ist Universität genau für Studierende da. Aktuell für die des 21. Jahrhunderts. Ob die Studi-Abstinenz daran liegt, dass die Einladungen zu den Feierlichkeiten nur in einer wenig ansprechenden Rundmail umherging, ist fragwürdig – dank Bologna hat wohl einfach keiner mehr Zeit, die nicht prüfungsrelevanten Veranstaltungen zu besuchen. Daran zu stören, dass die jüngste Generation zum Großteil nicht aufgetaucht ist, scheint sich im Audimax allerdings keiner. Man blickt lieber auf die letzten 70 Jahre, in denen es irgendwie geklappt hat und nicht auf heute.

Exzellenzbingo für Exmatrikulierte

Dass die Rauchmelder nicht wegen akuter Selbstbeweihräucherung anspringen, grenzt an ein Wunder. Zugepackt mit Demonstrationen des eigenen Prestiges gleicht die FU-Selbstfeier der royalen Hochzeit von Meghan und Harry – einzig die Liveübertragung fehlt. Günter Ziegler und auch seine Nachredner Michael Meister und Steffen Krach aus dem Senat für Wissenschaft geben zur Begrüßung ihre Lieblingsthemen zum Besten: eine mehrfache Widmung an die heiligen Exzellenz-Cluster und den Status der FU im Ausland. Freiheit der Wissenschaft! Um der klassischen Exzellenz-Lobeshymne einen aktuellen Touch zu geben, folgt im mahnenden Ton der Hinweis, dass dies so bleiben sollte. Denn in Zeiten von wachsendem Rechtspopulismus, müsse dafür wieder aufgestanden werden, erklärt Meister dem Publikum. Das kommt unerwartet.

Und auch die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller – nein sie hat nicht hier studiert, nur eine Ehrenprofessur – darf nochmal ran: Sie nennt die FU “einen Ort zur Erhaltung von Freiheit und Demokratie”. “Um darauf zu bestehen, dass Freiheit konkret ist und nicht stillsteht. Man muß auf sie aufpassen.” Ein wichtiger Punkt, den leider nur eine Handvoll Studierende zu hören bekommen, da der Rest parallel wohl die Freiheit genießt, dem Regelstudienplan hinterher zu hetzen.

“Lieber Herr Ziegler, ich hoffe Sie haben sich einiges notiert”

Um endlich mal zu zeigen wie exzellent die FU wirklich ist, sollte aufgehört werden, sich damit zu brüsten um es rüstigen Omis und Opis unter die Nase zu reiben. Gesine Schwan, die neben anderen Ehemaligen für Zeitzeugengespräche dabei war, rät den aktuellen Studierenden, zu hinterfragen, was an der Uni passiert, um die Rolle der FU für die Gesellschaft zu prüfen. Das sorgt komischerweise nicht für Lachen. Die Organisator*innen können sich folgendes hinter ihre Ohren schreiben. Für die nächste Jubiläumsfeier gilt: Mehr erinnern und sprechen – und zwar zusammen mit der jungen Generation. In dem Sinne sind Paul Noltes, an diesem Abend eher witzig gedachten, Worte sehr treffend. “Lieber Herr Ziegler, ich hoffe Sie haben sich einiges notiert.”

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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