Dieses Jahr aber wirklich

Selbstverbesserung ist jedes Jahr aufs Neue im Trend. An wirklich gute Vorsätze wird dabei aber viel zu selten gedacht, meint Anabel Rother.

Man muss im neuen Jahr nicht lange fragen, bis man die bunte Vielfalt von “guten” Vorsätzen zu hören bekommt, die sich Kommiliton*innen zur Mission gemacht haben. Meist kommen die Kurzvorträge sogar unaufgefordert. Jede*r scheint versessen darauf zu sein, der Uni und der Welt zu erklären, was an den eigenen Vorsätzen anders und revolutionär ist. Dabei sind die Neujahrsvorsätze der meisten Studierenden mehr als dürftig.

Die Klassiker sind natürlich weiterhin beliebt: Abnehmen, mehr Sport treiben, endlich jede Vorlesung besuchen, mit dem Rauchen aufhören, die Kurve kriegen und es vielleicht doch mit der Regelstudienzeit versuchen. Jedes Jahr kommen aber ein paar neue „kreative“ Vorsätze auf den Markt: Anstatt Vegetarier*in zu werden, einfach nur einen Monat lang kein Fleisch essen, anstatt ganz mit dem Saufen aufzuhören, nur ein paar Wochen Apfelschorle trinken, jeden Monat einen neuen Vorsatz haben, dann kann man das ganze Jahr lang vom hohen Ross den Mitmenschen predigen.

Kampf der Selbstoptimierer*innen

Alle guten Vorsätze scheinen etwas gemeinsam zu haben. Es geht darum, sich selbst oder einen Aspekt des eigenen Lebens zu verbessern und umzukrempeln. Je komplizierter und schwieriger der Vorsatz, desto besser! Am Ende entsteht ein skurriler Wettbewerb zwischen Freund*innen, Kommiliton*innen und Verwandten. Die Menschen unter uns, die sich dieser Tradition enthalten, müssen genervt zusehen und zuhören.

Wenn man das Argument außer Acht lässt, dass dieser ständige, fruchtlose Drang zur Selbstverbesserung nicht unbedingt zum mentalen Wohlbefinden beiträgt, sind diese Vorsätze nichts Schlechtes an sich. Jede*r hat das Recht das beste aus seinem Leben zu machen, und dies allen Mitmenschen detailliert zu berichten.

Weniger Egozentrismus wagen

Wie wäre es denn wenn die Vorsätze sich mal um andere drehen würden? Mehr Spenden, die Großeltern öfter anrufen, etwas der Freizeit opfern und Freiwilligenarbeit leisten, Mitstudierenden beim Lernen unter die Arme greifen, einfach mal die Augen offen halten und beobachten wie es den Menschen um uns rum eigentlich geht und anderen bei ihren Zielen helfen, anstatt zu berichten, wie diszipliniert und gesund man selbst ist.

Garantiert fühlt man sich besser, wenn man merkt, dass man seinen Freunden oder sogar Fremden geholfen hat, als wenn man mal wieder in der Kneipe sitzt und allen erklären muss, warum man heute kein Bier trinkt. Und wenn diese Vorsätze nach ein paar Wochen aufgegeben werden, ist es auch nicht so schlimm, denn in der Zwischenzeit hat man trotzdem dazu beigetragen, die Gesellschaft etwas besser zu machen.

2020 muss es richten

Jetzt ist es natürlich zu spät, denn jeder weiß, Vorsätze sind nur gültig, wenn sie pünktlich ab dem 2. Januar (wenn der Kater verflogen ist) groß hinausposaunt werden. Also heißt es diesen Monat nüchtern sein, um danach gleich die doppelte Menge wegzusaufen. Nur Sojamilch trinken, damit der Burger danach ohne schlechtes Gewissen genießbar ist. Eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio abschließen, die man nur einen Monat nutzt aber 12 Monate zahlt. Ein paar Wochen strebsam in die Bibliothek gehen, um festzustellen, dass das doch nicht zu einem passt.

Aber im nächsten Jahr, gibt es vielleicht Hoffnung. Darauf, dass ihr euch bessere Vorsätze macht, die unsere Gesellschaft besser machen. Das Karma kommt euch dann auch zugute. Win-Win Situation!

Oder ihr lasst es einfach ganz bleiben.
Mit diesen Worten, einen guten Start ins neue Jahr.

Autor*in

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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