„Dance Me to the End of Love”

Kaum etwas unterscheidet sich so sehr, wie unsere Träume erst recht, wenn es um Hochzeiten geht. Rabea Westarp hat in der Ausstellung „Hochzeitsträume“ einiges über Brautkleider, Ehe und Trauungen gelernt.

Der Inbegriff einer Traumhochzeit: die Royal Wedding. Foto: Rabea Westarp.

„Dance me to the wedding now, dance me on and on, dance me very tenderly and dance me very long…” Die ausdrucksvolle Stimme Leonard Cohens erfüllt den Ausstellungsraum mit Pathos. Der Song ist ein Liebeslied, ganz klar, aber in der Weitläufigkeit der großen Halle, die keine Besucher*innen, aber zahlreiche prunkvolle Brautaccessoires beherbergt, verbreitet er einen gespenstischen Charme. Das mag daran liegen, dass er in Dauerschleife rotiert. Oder, dass neben der Videowand, die das zugehörige Musikvideo zeigt, eine Totenkrone ausgestellt ist. Da bleibt es nicht aus, dass die süßen Geigenklänge einem Schauer über den Rücken jagen.

Totenkronen, das erfährt man in der Ausstellung „Hochzeitsträume“ im Museum Europäischer Kulturen, gab man bis ins 20. Jahrhundert unverheiratet verstorbenen Männern und Frauen mit in ihre Gräber. Sie stellten einen Ersatz für die im Leben nicht erhaltene Brautkrone dar. Diese symbolische Geste zeigt, wie bedeutend die Heirat einst war – und in vielen Kulturkreisen heute noch ist. Genau darum geht es in der Ausstellung, die den Bogen von historischen zu modernen Hochzeitsbräuchen spannt.

Liebe als Vermarktungsstrategie

Zwischen Tafeln zu arrangierten Ehen und der Bedeutung von Liebe („erfreulich, aber kein Muss“) bis hin zu Hochzeiten als Quotenbringer („Nichts verkauft sich besser als ein Hochzeitspaar auf dem Titelblatt“) wird klar: Der Weg in die Ehe ist nicht immer einfach und das Spektrum an sogenannten Traumhochzeiten ist riesig. Royale Hochzeiten erfreuen sich einer riesigen medialen Beliebtheit. Die Heirat von Queen Elizabeth und Philip Mountbatten verfolgten 1947 weltweit 200 Millionen Menschen live im Fernsehen. Längst wurde das Vermarktungspotenzial der Royal Wedding noch viel weiter ausgeschöpft. Das Antlitz von Prinz Harry und seiner Braut Meghan Markle ziert jedenfalls jedes erdenkliche Souvenir in den Tourishops Großbritanniens.

Auch Besucher*innen können ihren Teil zur Ausstellung beitragen – und sind dabei nicht minder interessant als Royals und Promis. „Wie haben Sie Ihren Traumpartner gefunden?“, werden sie auf einer Tafel gefragt und geben auf Post-Its bereitwillig Auskunft. Datingplattformen machen einen beachtlichen Teil der Antworten aus. Dabei ist wohl zu hoffen, dass die Art der Gesuche sich mit den Jahren zum Besseren gewendet hat.

Das weiße Kleid gehört zur Hochzeit einfach dazu – zumindest für die meisten.
Foto: Rabea Westarp.

Eine Hochzeit steht und fällt bekanntlich mit dem richtigen Brautkleid. Wie unterschiedlich Brautmode in verschiedenen Religions- und Kulturkreisen ausfällt und sich über die Jahrhunderte entwickelt hat, wird in den zahlreichen Schaukästen aufgezeigt. In pinken Tüllbergen ergießt sich eine gehörige Portion Kitsch. Ganz im Gegensatz zur Tradition des schwarzen Brautkleids, das früher die fromme Jungfräulichkeit der Braut symbolisieren sollte.

Die Vorstellungen von der perfekten Hochzeit gehen eben weit auseinander. Ein Paar hat der Ausstellung sein Hochzeitsvideo zur Verfügung gestellt und in großen bedeutungsschwangeren Szenen kann man die Trauung nachverfolgen. Zu Tränen rührt das nicht gerade, da muss man wohl dabei gewesen sein. Dass es aber nicht immer so klassisch sein muss, zeigt ein weiteres Paar aus Berlin, das seine Hochzeit als Festival aufgezogen hat. Die Menschen im Hippielook à la Coachella haben sichtlich Spaß, das allein zählt am schönsten Tag im Leben.

Zum Schluss folgen dann noch kritische Töne. Statistiken zeigen auf, in wie vielen Ländern die gleichgeschlechtliche Ehe noch immer verboten ist und wie viele Ehen europaweit geschieden werden (Spoiler: viele). Die kleine Desillusionierung war nach der Extraportion Kitsch und Tüll vielleicht einfach notwendig. Leichte Ernüchterung. Leonard Cohen singt.

Die Ausstellung Hochzeitsträume” ist noch bis zum 28.07.2019 im Museum Europäischer Kulturen in Dahlem zu sehen und kostet für Studierende vier Euro.

Autor*in

Rabea Westarp

Das Schreiben nutzt Rabea Westarp als Waffe gegen ihre immense Faulheit und Lethargie. Klappt eigentlich ganz gut.

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