Gender and what not: Mittagspause plus

Bei den Gender Lunch Talks diskutieren Studierende bei mitgebrachtem Mittagessen mit Expert*innen über Aspekte der Geschlechtlichkeit. Dass es dabei gelegentlich auch um Minderheiten allgemein geht, hat Julia Hubernagel herausgefunden.

Diskutieren und Essen bei den Gender Lunch Talks. Montage: Julia Hubernagel.

Die Gender Lunch Talks starten in ihre fünfte Runde. Zwischen Nudelsalat und Käsebrot diskutieren Studierende der FU monatlich mit Expert*innen über die neuesten Projekte und Erkenntnisse der Geschlechterforschung. In dieser knappen Stunde serviere man den Teilnehmer*innen Einblicke in die aktuellste Forschungsarbeit als kleine „Appetizer“, erklärt Susanne Lettow, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Margherita-von-Brentano-Zentrum für Geschlechterforschung. Sie hat das Konzept mit entwickelt.

Sklaverei als Beispiel für andauernde Unterdrückung

Multikulti in der bürgerlichen Gesellschaft soll nun das erste Thema der Reihe sein. Denn entgegen der heutigen Vorstellung war Europa bereits in der Frühen Neuzeit durchaus transkulturell aufgestellt und seine Bewohner*innen gerieten öfters in Kontakt mit andersgläubigen Vertreter*innen fernster Kulturen, meint Claudia Jarzebowski, die erste Sitzung eröffnend. Dass diese Kontakte selten auf Augenhöhe stattfanden, verdeutlicht die FU-Historikerin anhand von Sklaven, die sich nach Europa verschleppt von den Werten des Christentums „überzeugen“ ließen. „Allein im norddeutschen Gebiet wurden in der Frühen Neuzeit über 1.000 ausländische Gefangene getauft“, sagt sie. Ähnlich wie heute stellte wohl auch im 17. Jahrhundert der Zwang, seine kulturelle wie sexuelle Identität zu verleugnen oder gleich ganz abzulegen, ein wirksames Mittel zur Unterdrückung von Randgruppen dar.

Doch was hat das alles mit Geschlechteridentität zu tun? „Wir fassen den Begriff Gender hier in einem weiteren Begriff auf“, erklärt Susanne Lettow beinahe entschuldigend. Letztlich sollen in diesem Rahmen wohl in Vergessenheit geratene oder unterrepräsentierte Lebensräume von Minderheiten beleuchtet werden. Dass es generell schwierig ist, Geschlechteridentität präzise zu definieren, verdeutlicht dann auch der Name der Reihe. Auf eine Überschrift, die die Sitzungen thematisch verbindet, wird verzichtet. So erhalten dieses Sommersemester etwa Themen wie Geschlechter in der digitalen Öffentlichkeit, Drag im Karneval und der geringe Anteil an Studierenden aus nicht-akademischen Elternhäusern an deutschen Universitäten eine Bühne.

Vorteile der bunten Themenauswahl

Dass die Themen jeweils unterschiedlich große Zuhörerzahlen anlocken, stellt für Susanne Lettow kein Problem dar. „Durchschnittlich haben wir etwa 15 bis 20 Teilnehmer*innen pro Sitzung“, meint die Philosophin. „Als wir letztes Semester über Islam und Männlichkeit gesprochen haben, kamen allerdings so viele, dass wir beinahe die Tür nicht zubekommen haben.“

Denn gerade die scheinbar willkürliche Themenwahl gewährt auch Chancen, die Vorlesungsreihen und Vorträgen nicht bieten. Durch das unverkrampfte Format können Studierende Einblicke in aktuell laufende Forschungsprojekte erlangen, ohne dass die Dozierenden Rechenschaft über endgültige Schlussfolgerungen ablegen müssen. Vielmehr verstehen sich die Gender Lunch Talks als Plattform zur Vernetzung der Geschlechterforschung und offenen Diskussion. Vielfalt wird wohl nicht nur in der Lehre, sondern auch in Impulsen während des Mittagessens verlangt.

Der nächste Gender Lunch Talk findet am 13. Juni um 12.30 Uhr in der Rost- und Silberlaube statt. Weitere Infos gibt’s auf den Seiten des Margherita-von-Brentano-Zentrums.“

Autor*innen

FURIOS Redaktion

Unabhängiges studentisches Campusmagazin an der FU seit 2008

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