Regierung uneins über Viertelparität

Der rot-rot-grüne Senat präsentiert sein Eckpunktepapier für ein neues Berliner Hochschulgesetz. Was das für Studierende bedeuten könnte, berichtet Jette Wiese.

Noch dieses Jahr soll das Berliner Hochschulgesetz neu aufgelegt werden. Symbolbild: Julian von Bülow

„Unser Ziel ist die Viertelparität“, erklärte die Sprecherin der Grünen-Landesarbeitsgemeinschaft für Wissenschaft, Brigitte Reich, am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Hier stellten die Regierungsparteien die Eckpunkte für die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) vor und diskutierten mit Vertreter*innen der Hochschulen, der Asten sowie des Mittelbaus. Reichs Vorstoß sorgte für eine hitzige Debatte. Während Studierendenvertreter*innen die Aussicht auf mehr Mitbestimmung begrüßten, schränkte Staatssekretär Steffen Krach sie wieder ein.

Krach dämpft Erwartungen

Gegner*innen der Viertelparität berufen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1973, das damals die Viertelparität in Hochschulgremien kippte. Nach diesem müssen die Professor*innen an der Uni bei der Abstimmung von Forschungsangelegenheiten die Mehrheit der Stimmen haben. Bei Lehrangelegenheiten reicht jedoch die Hälfte der Sitze. Das BerlHG legt dagegen fest, dass die Professor*innenschaft in fast allen Angelegenheiten die Mehrheit haben muss.

Steffen Krach, SPD-Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, lehnte den Viertelparität-Vorstoß der Grünen ab: „Ich werde keinen Gesetzesentwurf vorlegen, der Teile enthält, die in anderen Ländern gerade noch verfassungsrechtlich geprüft werden müssen.“ Hintergrund ist, dass Wissenschaftler*innen gegen das Thüringer Hochschulgesetz geklagt haben, das die Viertelparität in Gremien vorgeschrieben hat.

Die Verankerung der Viertelparität ist klar gesetztes Ziel der Asta-Vertreter*innen an der FU. Dem schloss sich in der Debatte eine ehemalige FU-Professorin an und mahnte, die Mitbestimmungsrechte der Studierenden, der wissenschaftlichen und sonstigen Mitarbeiter*innen seien über die Jahre massiv eingeschränkt worden. Das zeige sich auch an Präsident Zieglers Aussage „Partizipation ist wichtig. Sie muss aber nicht fest verankert werden.“ Bezeichnend sei auch, dass nicht mehr von Partizipation, sondern von Transparenz die Rede sei, so die Ex-Professorin.

Das Ende einer Probe-Ära

Das Eckpunktepapier fordert darüber hinaus, die seit 1998 gültige, so genannte Erprobungsklausel zu streichen. Diese erlaubt es den Universitäten, von Teilen des Hochschulgesetzes abzuweichen, um alternative Organisationsmodelle auszuprobieren. An der FU führte das in der Vergangenheit dazu, dass Kompetenzen des Akademischen Senats an das Präsidium verlagert wurden, so zum Beispiel bei der Bewerbung für die Exzellenzstrategie.

Würde die Klausel gestrichen, fielen wieder mehr Entscheidungen dem Akademischen Senat zu, in dem alle Statusgruppen vertreten sind. Doch FU-Vizepräsident Hoffmann-Holland sprach sich klar für die Klausel aus, durch sie werde die Autonomie der Wissenschaft gewahrt. Robert Jung vom FU-Asta entgegnete: „Wenn das Präsidium der FU über Autonomie redet, redet es immer von der Autonomie des Präsidiums selbst.“ Auch Staatssekretär Krach unterstrich, es gebe im Berliner Senat reichlich Stimmen gegen die „Experimentierklausel“.

Qualität statt Plagiat

Neben den Aspekten der Hochschulstruktur streben die rot-rot-grünen Wissenschaftspolitiker*innen ein verbessertes Teilzeitstudienangebot an, sowie Bedingungen, an anderen Berliner Unis leichter Kurse besuchen zu können. Außerdem soll die Qualitätssicherung von Promotionen „aufgrund einiger prominenter Fälle“ stärker in den Blick genommen werden. Zuletzt waren Frank Steffel (CDU) und Bundesministerin Franziska Giffey (SPD) wegen Plagiatsverdacht in ihren Dissertationen in die Schlagzeilen geraten.

Das Eckpunktepapier ist vorerst sicherlich nicht mehr als eine Ideensammlung, über die sich die Regierungsparteien keineswegs einig scheinen. Die klare Forderung nach Mitbestimmung macht dennoch Hoffnung. Mit einem ersten konkreten Referentenentwurf sei nach der Sommerpause zu rechnen, kündigte Krach an.

Das vorgestellte Eckpunkte-Papier findet ihr hier als Download.

Autor*in

Jette Wiese

Lieber lange Wörter als Langeweile.

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