Zwei vom gleichen Taubenschlag: Josefine Strauß kriegt nicht genug von Vögeln und erfährt von Tierärztin und Taubenexpertin Dr. Heidi Kny unter anderem, warum Brieftauben so bewundernswert sind.
Dr. Heidi Kny ist eine der wenigen Fachärtz*innen in Deutschland, wenn es um die Gesundheit von Tauben geht. Mit 80 Jahren ist sie immer noch im thüringischen Leinenfelde aktiv und beschäftigt sich täglich mit allem, was Federn hat. Für uns hat sie ihren vollgepackten Arbeitsalltag unterbrochen, um über die Faszination Vogel zu sprechen.
Was entgegnen Sie Menschen, die Vögel langweilig oder nicht niedlich finden?
Dafür habe ich kein Verständnis. Ich bewundere zum Beispiel Brieftauben. Es ist doch erstaunlich, dass so ein kleines Tier in 26 Stunden zielgerichtet von Barcelona bis nach Hamburg kommt – und das überhaupt körperlich leisten kann. Oder Kraniche, die kommen über den 8.848m hohen Mount Everest hinweg. Ein anderer Vogel wäre schon längst runtergefallen, weil es zu wenig Sauerstoff gibt. Wie bestimmte Vogelarten sich an ihre Natur angepasst haben, ist, wie alles in der Natur, ein Wunder.
Ein Vogel im Nest sieht natürlich nicht so niedlich aus wie ein kleiner Welpe. Aber für mich ist niedlich eine Bezeichnung, die nicht zum Tier gehört. Niedlich ist ein kleines Mädchen, was man hübsch angezogen hat. Nur der Mensch, der die Verbindung zur Natur immer mehr verloren hat, kommt auf die Idee menschliche Zuordnungen auf das Tier zu übertragen.
In der Youtube-Serie „Deutschland was geht“ von Thomas Spitzer und Hazel Brugger behauptet eine Brieftaubenmessebesucherin, sie sei die einzige Fachtierärztin für Brieftauben in ganz Deutschland. Gibt es wirklich nur so wenige?
Das ist völlig unsinnig. Ich kann Ihnen sieben oder acht Spezialist*innen nennen, die sich ausschließlich von Brieftauben ernähren, die also keine anderen Tierarten betreuen, nur Brieftauben und Rassetauben. Dann gibt es noch eine Reihe von Geflügelspezialist*innen, die auf Anfrage auch den Tauben helfen.
Wie sind Sie zu den Tauben gekommen?
Ursprünglich wollte ich in die Forschung gehen. Durch meinen Ehepartner bin ich dann doch in die Praxis gegangen. In der DDR war ich nach einem Zusatzstudium bereits zuständig für Nutzgeflügel wie Hühner, Enten und Gänse. Im Jahr 1982 hat sich dann eine Taubenseuche ausgebreitet und kein Mensch wusste in der DDR, was das ist, weil wir auch kein Kontakt mit Kollegen aus der Bundesrepublik hatten. Ich hatte mich dann belesen und habe in Thüringen andere Kollegen in das Problem eingewiesen. So hatte ich mir in Thüringen bereits einen Ruf gemacht. Durch Mundpropaganda bin ich dann immer bekannter geworden.
Was fordert Sie an Ihrem Beruf heraus?
Die Erforschung der Psyche des Besitzers ist wichtiger als alles andere. Ich unterhalte mich mit dem Züchter mindestens 10-15 Minuten. Schon nach diesem Gespräch muss ich einschätzen können, ob die Person willig ist, auf Tatsachen einzugehen. Darauf, was er/sie falsch gemacht hat. Oder ob die Person stur ist und das Notwendige dann sowieso nicht macht. Was die Taube hat, kriegt man durch die Untersuchung raus. Die Taube kann ja nicht lügen, aber die Psyche des Besitzers fließt in jede Diagnose mit ein. Das ist manchmal nicht einfach.
Besitzen Sie auch selbst Vögel?
Nein, die wären alle schon verhungert.