Raus aus der Uni – ab auf die Leinwand

Objectif16 organisiert Filmabende im Herzen von Neukölln – mit viel Input und angeregten Diskussionen. Unsere Autorin Denise Köhler hat die Organisatoren für einen Abend begleitet und sich anschließend mit auf das Sofa geschwungen.

Auf die Plätze fertig – Film ab! Foto: Viktor Sommerfeld

Im 1. Stock eines alten Fabrikgebäudes in einem Hinterhof auf der Hermannstraße befindet sich der Projektraum H48. Nach wenigen Stufen erreiche ich ihn und tauche ein in den WG-Charme des Raumes. Neben den kuscheligen Sofas, den vielen Film- und Veranstaltungsplakaten und dem großen Bartresen fällt mein Blick direkt auf den heiligen Gral des heutigen Abends: Die Leinwand. Vier bis fünf Mal im Semester wird diese heruntergelassen und begeisterte Cineast*innen machen es sich auf den Sofas gemütlich. Dann ist wieder Zeit für Objectif16.

Nicht für die Schublade

Der Gründer Joshua Schultheis hat den Namen „Objectif16“ als Anspielung auf den Pariser Avantgardefilmclub der vierziger Jahre „Objectif 49“ gewählt, erzählen Max Grenz und Viktor Sommerfeld. Inzwischen leiten die beiden Filmwissenschaftsstudenten das Projekt und laden seit etwa einem Jahr zur Filmvorführung im kleinen Rahmen ein.

Die Anfangsidee: Hausarbeiten in einem außeruniversitären Rahmen vor einem interessierten Publikum vorstellen, damit die Arbeit nicht nur in der Schublade eines Dozenten landet. Das ist jedoch kein muss. Laut Max und Viktor nutzen manche den Rahmen, um erste Ideen für Arbeiten vorzustellen oder erweitern ein bereits erarbeitetes Thema um einen neuen Gegenstand. „Teilweise sind die Vorträge aber auch ganz losgelöst von dem wissenschaftlichen Studium“, so Max. Dann gehe es nur darum einen spannenden Film vorzustellen und dazu eigene Beobachtungen und Ideen mit dem Publikum zu teilen.

Auch inhaltlich ist das Programm von Objectif16 vielfältig. Alles, wofür sich die Vortragenden interessieren, ist willkommen. Wer einen Blick auf vergangene Veranstaltungen wirft, wird mit unterschiedlichsten Filmen und Themen konfrontiert. Das Spektrum reicht von Überwachung und Intimität bis hin zur proletarischen Bildungsgeschichte in Boxerfilmen. „Wir hatten auch schon ein Programm, das nur aus animierten Musikvideos einer Künstlerin bestand“, so Max.
In ihren eigenen Präsentationen setzen die beiden gerne auf unbekanntere Filme, um diese einem größeren Kreis zugänglich zu machen.

Voneinander lernen

Das Herzstück der Veranstaltung sind die anschließenden Diskussionen und die Frage „Wie kann man eigentlich sinnvoll über Filme reden?“. Die beiden wollen klarmachen, dass dies kein Privileg der Filmwissenschaft ist. Viktor ist der Überzeugung „Jede*r kann über Filme reden!“
Im Zentrum stehe ein Freimachen von Wertungen, weg von richtig und falsch, hin zu eigenen Wahrnehmungen und theoretischen Ansätzen.

Gerade der Austausch mit Personen aus anderen Fachrichtungen mache das Ganze so spannend und interessant, so Viktor. Dadurch entstünden immer neue Zugänge zu den Filmen, die den eingefleischten Filmwissenschaftler*innen so gar nicht aufgefallen wären.
Die Arbeit mit Objectif16 hat Max und Viktor beigebracht auf mehr Details zu achten. Das fließt auch in ihr eigenes filmisches Schaffen ein.

Die Mischung macht‘s

Leider scheint das Konzept der interdisziplinären Studierendenverständigung an diesem Abend noch nicht hundertprozentig aufzugehen. Zwar ist der Rahmen außeruniversitär gelegen, die Präsentation und das anschließende Gespräch aber durchaus auf einem so hohen akademischen und vor allem filmwissenschaftlichen und philosophischen Niveau, dass man sich nach Perspektiven aus anderen Richtungen sehnt. Denn der Großteil des Publikums stammt an diesem Abend aus den Reihen der Filmwissenschaften.

Ein Grund mehr, für Euch Filmbegeisterte da draußen, die Chance in diesem Semester beim Schopf zu packen und bei den kommenden Veranstaltungen vorbeizuschauen. Gelegenheiten wird es hierfür noch genug geben, denn ans Aufhören denken Max und Viktor noch lange nicht: „Solange wir beide in Berlin wohnen, denke ich, dass wir mit Objectif weitermachen werden. Themen gibt es auf jeden Fall genug.“

Die nächste Veranstaltung findet am 15. November 2019 um 20 Uhr im Filmrauschpalast statt und kostet 4 Euro Eintritt. Informationen zu weiteren Terminen findet ihr hier.

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