Eine Matratze vom Senat

Es ist das ewige Lied: Studis leiden unter der Berliner Wohnungsnot, die Politik reagiert stümperhaft. So auch mit den unsanierten Notunterkünften für verzweifelt Suchende. Was gut klingt, funktioniert in der Praxis nicht. Anabel Rother Godoy sagt: Weg damit!

Wir kennen es alle: Eine Bleibe zu finden wird für Studierende in Berlin zunehmend zur Tortur. Ein WG- oder Wohnheimzimmer lässt sich nur unter größter Mühe ergattern. Wer es schafft, steht trotzdem noch vor Problemen: Wenn der Mietvertrag nicht befristet ist, dann zumindest maßlos überteuert. Für Notfälle will die Senatskanzlei mit Kurzzeitunterkünften Abhilfe schaffen. Was gut klingt, entpuppt sich mehr und mehr als gescheitertes Projekt. Trotzdem will man auf Biegen und Brechen an dem Angebot festhalten. Blödsinn!

Matratze, Stuhl und Spind: Minimalismus ist Trend

Was passiert also, wenn es hart auf hart kommt und ein*e Studierende*r wirklich keine Wohnung findet? Auf Wunsch der Senatskanzlei hin, hat das Studierendenwerk für diese Fälle sogenannte “Notschlafplätze” für Studierende eingerichtet – unsanierte Zimmer in Wohnheimen, ausgestattet mit einer Matratze und einem Spind. Die Bettwäsche muss man selbst mitbringen. Insgesamt 50 gibt es davon, über ganz Berlin verstreut. Preis pro Nacht: 10 €.

Gemütlich sieht anders aus – eine der Notunterkünfte für Studierende. Foto: Studierendenwerk

Im Jahr 2018 haben insgesamt drei Studierende dieses Angebot angenommen. Dieses Semester war es nur eine*r. Das wird nicht zuletzt an der spartanischen Einrichtung der Unterkünfte liegen. Klar – Minimalismus ist Trend. Wer aber mit drei anderen Studis auf einer Matratze auf dem Boden schlafen und sich einen Aktenschrank teilen möchte, kann das auch bei Freund*innen in der WG tun. So scheint es im Zweifelsfall auch zu laufen: Einige Studierende hätten es nach Besichtigung der Notschlafplätze doch vorgezogen, bei Freunden auf die Couch zu ziehen, oder doch ein Airbnb-Zimmer zu mieten – so eine Pressesprecherin des Studierendenwerks. 

Nett gedacht, bringt nur nix!

Überhaupt ist ein Mangel von kurzfristigen Mietverträgen  in Berlin nicht unbedingt das Problem. Ein Blick auf WG-Gesucht.de zeigt, dass die meisten Inserate nur für ein paar Wochen oder Monate eine Bleibe anbieten. 

Was bringen also diese 50 Notschlafplätze, bei denen ein Mietvertrag für eine Woche abgeschlossen wird? Dieser kann zwar verlängert werden, vorgekommen ist dies bisher noch nie. Noch bis Ende November können Studierende einen Schlafplatz in den Notunterkünften bekommen. Viele werden das Angebot vermutlich nicht in Anspruch nehmen.

Trotzdem wünscht die Senatzskanzlei, das Projekt im nächsten Jahr fortzuführen. Gut klingen tut es ja, nur den Studis etwas zu bringen scheint es nicht. Das bestätigt auch das Studierendenwerk, das den Sinn der Schlafplätze selbst in Frage stellt.

Anstatt die unsanierten Wohnungen zwecks Prestige über Monate zu erhalten, sollte der Senat lieber mehr Mittel investieren, um sie schnell zu langfristigen Wohnoptionen für Studis zu machen. Damit wäre Studierenden in Not nämlich tatsächlich geholfen. 

Das Studierendenwerk bietet in der Hardenbergstraße 34 ein Info Center an, in dem sich Studierende bei der Wohnungssuche beraten lassen können. Hier gibt es direkte Vermittlung von Schlafplätzen, Tipps und Hinweise rund um die Wohnungssuche. 

Hardenbergstraße 34, Mensafoyer, 10623 Berlin
Telefonnummer: 030 93939-8990

Autor*in

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.