Wie man wird, was man ist

Die FU veranstaltete einen Berufspraxistag für Geisteswissenschaftler*innen. Dabei sollen Absolvent*innen vom ihrem Werdegang berichten. Matthäus Leidenfrost hat dort nach Orientierung gesucht.

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Noch immer ein Klischee bei Geisteswissenschaftler*innen. Bild: unsplash.com

Wir Geisteswissenschaftler*innen kennen das ja. Andauernd bekommen wir den gleichen Satz zu hören: „Ach, das ist ja interessant, aber was willst du denn mal damit machen?“ Beantwortet wird das meist nur mit einem genervten Blick und irgendwelchen Phrasen über die grenzenlose Freiheit, die einem solche Fächer bieten. Aber seien wir doch ehrlich – eigentlich können wir unseren Mitmenschen diese Frage gar nicht übelnehmen, denn dumme Fragen gibt es ja bekanntlich nicht. Blöd nur, dass wir meistens selbst keine Antwort parat haben.

Um uns aus dieser schwierigen Lage zu helfen, hat der Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften am 15. November den Berufspraxistag HEUREKA! veranstaltet. Dort sollten Absolvent*innen in Panels von ihrem Werdegang berichten und so Zuversicht und Hoffnung unter den Versammelten verbreiten.

Vom Siegen und Verlieren

Schon um 9 Uhr wurde in den Tag gestartet – dementsprechend waren noch nicht viele Geisteswissenschaftler*innen anzutreffen. Aber davon ließ sich Katja Puteanus-Birkenbach nicht beirren. Voller Elan verkündete die Professorin für Unternehmensgründung ihre frohe Botschaft: „Ihr seid die kreativen Genies von morgen!” Das untermauerte sie mit einigen Ausführungen zum Königsspiel Schach – leider wurde nicht ganz klar, was das jetzt mit dem eigentlichen Thema zu tun haben sollte. Der Vortrag erinnerte an einen TED-Talk, nur dass das Publikum nicht so euphorisch reagierte.

Wie man wird, was man ist

Auf diese Frage Nietzsches sollten im Anschluss verschiedene Panels eine Antwort finden. Sowohl das Auswärtige Amt, das Goethe-Institut als auch die Europäische Union waren vertreten. Bei einer derart hochkarätigen Besetzung gab es im Publikum kein Halten mehr. Besonders Tim Prange, Volkswirt und Politikwissenschaftler, von Beruf Diplomat, konnte sich der Fragen kaum erwehren. Offensichtlich träumen nicht wenige Kommiliton*innen von Sektempfängen in exotischen Gefilden.  Dafür sollte man – welch Überraschung – allerdings eine gewisse Liebe zum Erlernen von Fremdsprachen mitbringen.

Für alle, die ihre Stärke eher in der Amtssprache der Bundesrepublik sehen, war das Panel zu Journalismus die nächste Anlaufstelle. Dafür muss man bekanntlich nicht viele „hard skills“ mitbringen. Allerdings ist die Laufbahn dann auch nicht so geradlinig wie im Öffentlichen Dienst. Das wurde auch von allen drei Diskutant*innen bezeugt, die sich selbst nicht so genau erklären konnten, wie sie eigentlich zu dem wurden, was sie sind. Jule Hoffmann, freie Redakteurin bei Deutschlandfunk Kultur, löste zwar Begeisterung aus, als sie über ihre spannende Tätigkeit als Autorin von Radiobeiträgen sprach, allerdings kühlte diese merklich ab, als sie die prekären Anstellungsverhältnisse ansprach. Auch Ekkehard Knörer, einer der Herausgeber der renommierten Kulturzeitschrift Merkur, konnte nicht wirklich Ermunterndes beisteuern. Eine solche Stelle findet man ja nicht gerade über eine klassische Stellenanzeige, vor allem nicht frisch von der Universität.

So klug als wie zuvor

Das Klischee, Geisteswissenschaftler*innen hätten eine schwierige Zukunft vor sich, hat dieser Berufspraxistag nur bestätigt. Allerdings gibt es auch faszinierende Perspektiven und Menschen, die es geschafft haben, ihrer Leidenschaft nachzugehen, auch wenn sie dabei vielleicht nicht zu Millionär*innen werden. Nur leider kann einem keiner verraten, wie genau man das anstellen soll.

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