Das Drama der Isolation

Statt offener Bühne nun geschlossene Räume: Die Pandemie verwehrt dem kürzlich gegründeten AGON Theater Berlin der FU Proben und Aufführungen, was sie zu einer Umstellung ins Digitale zwang. Das Theaterkollektiv gab der FURIOS Einblicke in ihr aktuelles Schaffen. Tamara Teuber und Elias Fischer. 

AGON Theater Berlin
Seit wenigen Wochen hat die FU ein eigenes Theaterkollektiv. Das musste sich aufgrund der Corona-Krise allerdings auf’s Online-Geschäft verlegen. Fotos: AGON Theater Berlin

Fast jede deutsche Universität hat ein eigenständiges Theaterkollektiv, dennoch suchte man an der FU in den letzten Jahrzehnten vergeblich danach. „Aber keiner weiß, warum”, sagt Daniel Pronin, Student der Theaterwissenschaften. Diesen Umstand hielt er für inakzeptabel, weshalb er kurzerhand eines initiierte. Ganz klassisch, analog eben. Nach einem ersten Treffen war das AGON Theater Berlin geboren. Doch kurz nach der Gründung die Katastrophe: Kontaktbeschränkungen. Seitdem fielen Proben und Inszenierungen für das Kollektiv flach. Dennoch versuchten sie, ihre künstlerischen Ambitionen aufrechtzuerhalten. Der Schlüssel: der virtuelle Raum.

Das Theaterkollektiv der FU existiert nun seit Januar. Die Gruppe besteht derzeit aus sechs Mitglieder und sie alle vereint die Liebe zum Theater. Unter ihnen befinden sich nicht nur Studierende der Theaterwissenschaften, sondern auch Interessierte aus den Bereichen Psychologie und Koreastudien. Ihr Plan: „Ursprünglich wollten wir klassisch Theater machen und im Institut für Theaterwissenschaften proben und inszenieren”, sagt Daniel, denn dort gebe es eine passende Bühne. Doch bevor es zu einer Aufführung kommen konnte, durchkreuzte die Corona-Krise ihr Vorhaben. Die Theaterbegeisterten waren gezwungen, ihre Aktivitäten einzustellen. „Nach ein paar Tagen der Schockstarre organisierten wir das erste Live-Video-Treffen und besprachen, was zu tun war”, berichtet das Kollektiv. Seitdem arbeiten alle an alternativen Programmpunkten, die sie im virtuellen Raum aufführen.

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Die Umstellung ins Digitale betreffe die ganze Kulturbranche, sagt Daniel. Für die meisten Mitglieder des Kollektivs bedeutete das vor allem: Mit Höchstgeschwindigkeit am eigenen technischen Know-How arbeiten. „Niemand von uns hatte viel Ahnung von Bildbearbeitung, Sound- und Videoaufnahme oder Schnitt”, erzählt Daniel. Er selbst hatte bis vor wenigen Monaten nicht einmal ein WhatsApp-fähiges Smartphone besessen. Cosmo, die selbsternannte „helfende Hand für alles Technische“ nahm sich dieser Aufgabe an und leitete einen Teil der Gruppe mit einem digitalen Workshop in die notwendigen Videobearbeitungsprogramme ein. 

Die Umstellung in den virtuellen Raum stellt das Kollektiv aber nicht nur vor Schwierigkeiten. Die neue Umgebung inspirierte das Kollektiv dazu, Kunst über das Theater hinaus zu kreieren: So zählen mittlerweile Lesungen wie die „ILIAS”, das Märchen „Rumpelstilzchen” sowie ein hochaktueller Sketch zur Maskenpflicht zum Werk des Kollektivs. Bei der Programmplanung herrsche „mehr Anarchie als Planung”, berichtet das Kollektiv; wer etwas umsetzen wolle, tue es. Dadurch sind der eigenen Kreativität keine Grenzen gesetzt. 

Aktueller Sketch des AGON Theater Berlin zur Pandemie. Video: AGON Theater Berlin

Ein Aufbruch ins Neuland der unendlichen Möglichkeiten

Die Initiator*innen haben sich die Situation anders vorgestellt, aber die vermeintliche Katastrophe schafft Raum für Neues. Für manche sei die Digitalisierung eine neue Möglichkeit sich zu entfalten, weil es das klassische Theater mit den Aspekten des Films vereint, äußerte sich Cosmo. Die Gelegenheit daran teilzuhaben möchte das Kollektiv auch allen anderen Studierenden geben. Deshalb wurden Social Media-Accounts auf Twitter und Instagram angelegt und die aktuellen Aufführungen erscheinen auf YouTube. Das Kollektiv lädt alle interessierten „Teilnehmer, Schauspieler oder allgemein Partizipierende” herzlich zum Mitmachen ein. 

Das digitale AGON-Theaterprogramm soll auch in Zeiten nach Corona ergänzend zum analogen Theater weitergeführt werden. Doch bis dahin fordert das Kollektiv: „Geben wir Forschung und Kultur weiterhin die Aufmerksamkeit, die sie verdienen!“


Hier mehr zum Theaterkollektiv.

Autor*innen

Elias Fischer

Seine Männlichkeit passt nicht ganz in den Bildausschnitt.

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