Vorbild: Wirre alte Herren?

Immer wieder fallen Professoren in der Öffentlichkeit negativ auf. Das NS-Regime verharmlosen, Studierende beleidigen, Rechtsradikale in Parteien dulden oder selbst Menschenfeindlichkeit verbreiten – das verträgt sich nicht mit ihrer Vorbildfunktion, meint Paula Kalisch.

Stefan Homburg, Wirtschaftsprofessor an der Leibniz-Universität Hannover, fiel zuletzt auf, weil er die Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kritisierte. Dabei nahm er es sich auch nicht, die Situation mit dem beginnenden Naziterror 1933 gleichzusetzen. Besonders fragwürdig wird es aber, wenn Prof. Dr. Homburg seine kritischen Ansichten zum Umgang der Regierung mit der Corona-Pandemie, die unter anderem auf neurechten Plattformen erschienen sind, auf seiner Universitätswebseite verlinkt. Die Universitätsleitung verurteilte die Aussage von Homburg als „unerträgliche Verharmlosung der Geschehnisse 1933“ und distanzierte sich von ihm. Die Links zu seinen „Publikationen“ sind aber dennoch online.

Homburg ist nicht der einzige Professor, der durch sein politisches Engagement negativ auffällt: Bekanntestes Beispiel hierfür ist wohl Bernd Lucke, der 2014 seine Professur für Ökonomie an der Universität Hamburg pausierte, um für die AfD in das Europaparlament zu ziehen. Als er 2019, nach Austritt aus der AfD, wieder an die Universität zurückkehren wollte, protestieren die Studierenden dort heftig. Er distanzierte sich von einigen Aussagen, dennoch bleibt er dafür mitverantwortlich, dass eine rechtsextreme Partei im Bundestag sitzt. 

Jörg Baberowski, Geschichtsprofessor an der Humboldt Universität, fiel auch schon durch rechte Aussagen auf, aber als er dann letztes Jahr zwei Studentinnen der HU als „unfassbar dumm“ und „linksextrem“ beschimpfte, wurde er von den beiden angezeigt. Unter dem Ruf „Rauscher rauscht ab“ forderte die Studierendenschaft der Uni Leipzig die Entlassung des Juristen Thomas Rauscher, der seine rassistischen, islamfeindlichen und die Klimakrise leugnenden Aussagen auf Twitter verbreitete.

Professor*in wird man nicht über Nacht. Die Anwärter*innen haben sich lange und intensiv auf diese Position vorbereitet. Auf ihren Gebieten sind sie die schlausten Köpfe. Täglich vermitteln sie ihr Wissen und ihre Erkenntnisse an Studierende weiter und beteiligen sich somit an der Gestaltung der Gesellschaft. Dabei sollte aber der gesunde Menschenverstand nicht außer Acht gelassen werden, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zu gesellschaftspolitischen Themen äußern möchten. Professor*innen sind als Wissenschaffende in unserer Gesellschaft hoch anerkannt. Sie und ihre Perspektiven, ihre Vorannahmen schaffen (Un-)Wahrheit. Wer eine gesellschaftliche Vorbildfunktion hat, muss sich an die grundlegendsten demokratischen Werte halten.

Untätig bleiben ist keine Option!

In allen Fällen distanzierten sich die Universitäten von den Aussagen der Herren. Doch rechtliche Schritte könnten von ihrer Seite nicht ergriffen werden, da das Recht auf Freiheit der Lehre und Forschung sowie der Meinungsfreiheit hoch gehalten wird. Diese fragwürdigen Inhalte wurden schließlich nicht in den universitären Veranstaltungen dieser Professoren verbreitet, sondern außerhalb. Aber Professor*innen haben doch nicht nur eine Lehrverantwortung! Diskriminierende Taten können und dürfen dabei nicht einfach ausgeklammert werden. Der Fachschaftsrat Jura aus Leipzig stellt richtig fest: „Lehrkräfte, die Aussagen tätigen – auch wenn sie dies als Privatpersonen tun –, die rassistische, homophobe und menschenfeindliche Hetze verbreiten“ sollten dafür zur Rede gestellt werden und es solle infrage gestellt werden „ob diese in der Lage sind, ihrer Vorbild- und Lehrfunktion weiterhin gerecht zu werden.“

Insbesondere wenn Universitäten sich für Toleranz, Gleichberechtigung und Weltoffenheit positionieren und einsetzen möchten, müssen solche Positionen hinterfragt und sanktioniert werden. Problematisch ist in diesen Fällen nicht das politische Engagement per se – sondern die Haltung, die dahinter steht: Das Verbreiten von menschenfeindlichen Aussagen ist in einer offenen Gesellschaft inakzeptabel. Wenn Professor*innen sich dazu entscheiden, das NS-Regime zu verharmlosen oder rassistische Ideologien zu verbreiten, müssen sie auch die Konsequenzen dafür tragen – und die Universität verlassen. 

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1 Response

  1. Bekannt sagt:

    Leider war Bernd Lucke auch Mitarbeiter des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der FU

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