Mask it happen

Leave no one behind, Black lives matter,  I can´t breathe – wie die Atemschutzmaske politischen Aktivismus sichtbar macht. Von Annika Ziegler und Emilia Stemmler

#leavenoonebehind macht die Maske zum politischen Statement Foto: Annika Ziegler

Demonstrationen, Sit-Ins und Kundgebungen sind fester Bestandteil einer Demokratie. Die Corona-Pandemie hat die gewohnten Protestformen zeitweise unmöglich gemacht und somit große Teile des politischen Aktivismus aus dem Blickfeld der breiteren Öffentlichkeit verdrängt. Auch nach den Lockerungen müssen Aktivist*innen kreativ bleiben, um politisch sichtbar zu sein.

Ende April beschloss der Berliner Senat die Maskenpflicht für den öffentlichen Nahverkehr und den Einzelhandel. Diese neue Regelung im Umgang mit der Corona-Pandemie führte in der Gesellschaft zu einigen Fragen. Woher bekommt mensch eine Maske? Wie wird sie richtig getragen? Und wie oft muss sie gewaschen werden? Der Beschluss liegt nun allerdings schon einige Wochen zurück und die Maske hat sich fest im Alltag der Träger*innen etabliert. Unterdessen lässt sich beobachten, dass sie auch häufig als Ausdruck der eigenen Identität verwendet wird und so einen starken Bedeutungszuwachs erfährt.

Mittlerweile ist die Maske zu einem modischen Accessoire geworden und spiegelt das eigene Stilempfinden wider. Vor allem Personen des öffentlichen Lebens passen ihre Maske an ihre tagesaktuelle Garderobe an. So beispielsweise die US-amerikanische Politikerin Nancy Pelosi, die vor allem durch das Zerreißen einer Rede des US-Präsidenten Donald Trump bekannt geworden ist. Sie stimmt ihre im Kongress getragenen Masken regelmäßig auf Farbe und Muster ihrer Kleidung ab. Die ebenfalls in der USA lebende Musikerin Lizzo ging sogar noch einen Schritt weiter und trug im Pool eine zu ihrer Bademode farblich passende Maske und Handschuhe.

Aber auch Menschen ohne derartige Reichweite tragen ganz unterschiedliche Masken-Designs mit einer Vielzahl an Prints und Farben. Das Aufkommen von Masken aus Luxusmodehäusern wie Louis Vuitton oder Supreme weist dabei symptomatisch auf die ökonomisch ungleiche Betroffenheit in der Gesellschaft hin. Das Stoffstück ist längst nicht nur Ausdruck der modischen, sondern auch der politischen Identität.

Rückeroberung der Öffentlichkeit 

Im Pride Month Juni oder speziell am IDAHOBIT (Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit) forderten queere Menschen durch ihre individuell gestalteten Masken Sichtbarkeit zurück, die während der Pandemie oftmals einen Rückschlag erlitten hat. Regenbogen, Glitzer oder Pailletten sorgen dafür, dass die Träger*innen nicht in der Anonymität verschwinden. Der Ausdruck der persönlichen Identität wird so aus dem Privaten zurück in öffentliche Sphären wie den Supermarkt oder den Bus getragen.

Durch die Corona-Pandemie sind oftmals auch politische Themen in den Hintergrund gerückt, weshalb einige Personen ihre Masken mit politischen Botschaften und Hashtags versehen, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen. Eine der ersten viralen Kampagnen war verbunden mit dem Hashtag #Leavenoonebehind, welcher die Situation von geflüchteten Menschen, besonders im Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos sichtbar machen soll. Die Initiative #LeaveNoOneBehind der Bewegung Seebrücke erfuhr in den Sozialen Medien große Resonanz, sodass etwa tausend der mit dem Slogan bedruckten Masken nun gegen eine Spende für Mission Lifeline, die Seebrücke oder Sea-Watch an die Spender*innen verschickt wurden. 

Aus dem Internet auf die Straßen

Politischer Aktivismus ist nie weg gewesen, sondern fand zu Beginn der Pandemie vor allem in den sozialen Medien statt. Seit der Aufhebung der Obergrenze für Teilnehmende an Demonstrationen werden politische Statements wieder offline und im Kollektiv sichtbar. Das vergrößert das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der Bewegungen und verstärkt die Wahrnehmung für Außenstehende.

Vor allem bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt, die auf den rassistischen Mord an dem Schwarzen US-Amerikaner George Floyd durch einen weißen Polizisten in Minneapolis folgten, ließen sich zentrale Protestslogans wie #blacklivesmatter oder #icantbreathe auf den Masken wiederfinden. 

Das Tragen von Masken ist der sichtbarste Beweis, dass sich unser aller Leben, aber auch unsere Möglichkeit des individuellen Ausdrucks, für unbestimmte Zeit verändert hat. Für viele Menschen ist diese Zeit geprägt durch einen unfreiwilligen Rückzug ins Private und einem Verlust an individueller Sichtbarkeit – vor allem für innerhalb der Gesellschaft marginalisierte Gruppen. Genau deshalb kann das Aneignen und Verändern von Masken persönliches Empowerment bedeuten und eine tiefere Bedeutung signalisieren.

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