„Corona hat meinem Freund und mir in die Karten gespielt“

Mittlerweile ist Corona kein großes Thema mehr. Trotzdem haben die vergangenen Monate Beziehungen und das Dating-Verhalten unter Studis verändert. Greta Linde hat die Erfahrungen von FU-Studierenden gesammelt.

Ohne Maske?!? Nicht mal Corona kann die Liebe stoppen. Foto: unsplash.com

Alexander, 23, studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaft

Bis Februar war ich im Auslandssemester, mein Freund und ich waren mit der Fernbeziehung unzufrieden. Als ich wiedergekommen bin, haben wir gemerkt, dass es nicht mehr das Richtige für uns ist und Schluss gemacht. Nach ein paar Wochen war ich mal wieder auf Datingplattformen unterwegs. Ich habe dann einen Typen kennengelernt und mich zweimal mit ihm getroffen. Am Anfang war ich total unsicher, weil wir beide nicht wussten, was wir wollen. So langsam hatten alle Cafés und Bars geschlossen, deswegen haben wir uns im Park getroffen. Dann kam der Lockdown. Wir waren trotzdem immer in Kontakt und ich habe mich gefühlt wie zur Schulzeit, wenn man die ganze Zeit miteinander geschrieben, aber sich nie wirklich getroffen hat. Diese fünf Wochen haben wir fast nur über Corona gesprochen, weil wir uns noch nicht gut genug kannten und wussten, worüber wir sonst reden sollen. Als die Beschränkungen etwas gelockert wurden, kam es Anfang Mai wieder zu einem Treffen und wir waren überrascht, dass wir so gut miteinander klargekommen sind. Wir haben dann weiter gedatet und je mehr gelockert wurde, desto intimer wurde die Beziehung. Seit ein paar Wochen sind wir offiziell zusammen. Ich glaube, im Nachhinein hatten wir beide das Bedürfnis, noch jemanden außerhalb des Haushalts zu haben.

Lina, 22, studiert Theaterwissenschaft

Seit vier Jahren bin ich mit meinem Freund zusammen, vor Corona haben wir uns fast täglich gesehen. Dann hat es sich drastisch verändert. Ich bin von meiner WG zurück zu meinen Eltern gezogen und war sehr vorsichtig. Mein Vater ist Risikopatient und hatte ziemliche Panik vor Corona. Deswegen wollte er auch nicht, dass ich mich mit anderen Leuten treffe. Die ersten paar Wochen habe ich meinen Freund gar nicht gesehen. Dann hat er mich einmal pro Woche auf Abstand im Garten besucht. Wir haben die ganze Zeit über Skype, Whatsapp oder Telefon Kontakt gehabt. Wenn wir auf diese Art reden, sprechen wir meist über konkrete Themen und unterhalten uns sehr konstruktiv. Trotzdem hat es mir gefehlt, die Bezugsperson, die sonst jeden Tag für mich da war, live zu sehen und in echt Dinge miteinander zu unternehmen. Das Körperliche habe ich auch sehr vermisst. Nach einer Zeit haben wir unsere Beschränkungen weiter gelockert, weil das Risiko, sich zu infizieren, inzwischen viel geringer ist. Es hat sich direkt wieder total natürlich angefühlt und auch der Sex war sofort wieder sehr vertraut. Ich glaube, dadurch, dass wir schon so lange zusammen sind, war es einfacher für uns. Ich war auch schon mal ein Semester lang weg und das hat geklappt. Bei uns ist es mittlerweile so, dass unsere Beziehung das Fundament ist. Dass wir safe sind, ist klar.

Tamara, 21, studiert Betriebswirtschaftslehre

Ich bin Anfang des Jahres innerhalb Berlins umgezogen, in die Wohnung eines Bekannten. Wir kannten uns über ein paar Ecken aus unserer Heimatstadt und haben einmal in Berlin etwas mit seinen Freunden unternommen, aber das war rein freundschaftlich. Im März wollte ich eigentlich nach Madrid reisen, aber der Flug wurde gecancelt. Meine Mutter war wegen Corona sehr besorgt, deswegen bin ich statt nach Spanien zu meiner Familie gefahren. Am ersten Abend hat der Bekannte mich angeschrieben, ob er mit Kumpels auf ein Bier vorbeikommen kann. Er hatte ja seine Wohnung in Berlin aufgegeben, war mit dem Studium fertig und wollte eigentlich reisen. Jetzt waren wir beide in unserer Heimatstadt gestrandet. Wir haben schnell gemerkt, dass wir uns super gerne mögen und haben seitdem durchgängig Zeit miteinander verbracht. Es lief relativ schnell etwas, auch unsere Familien haben direkt gemerkt, was Sache ist. Dann waren wir für drei Wochen in Schweden, weil seine Familie dort ein Ferienhaus hat. Auch in Berlin waren wir mittlerweile schon wieder. Das Gute ist, dass er dort seine eigenen Strukturen und Bekannten hat. Gerade sind wir wieder im Ferienhaus in Schweden, diesmal mit mehreren Freund*innen. Obwohl wir erst nicht so recht wussten, was wir tun und wie wir mit Corona umgehen sollen, hat es uns in die Karten gespielt. Sonst wären wir niemals zeitgleich in unserer Heimatstadt gewesen. Wegen der Zukunft sind wir überhaupt nicht gestresst und lassen alles auf uns zukommen.

Friedrich, 22, studiert Politikwissenschaft

Anfang März hatte ich ein Date in einer Bar und dann ging es mit den Coronabeschränkungen los. Der Typ und ich haben uns weiterhin getroffen, aber wir hatten die Übereinkunft, dass wir niemand anderen sehen. Er war der einzige Mensch, mit dem ich mich verabredet habe. Ich bin immer nur mit dem Rad oder Auto zu ihm gefahren, um das Infektionsrisiko minimal zu halten. Es hat mir sehr geholfen, in der Coronazeit eine Person zu haben, mit der man sich treffen kann, ohne ein großes Risiko einzugehen. Das Ganze ging bis Ende Mai und war echt gut. Es hat sich trotzdem verlaufen, weil er noch nicht so weit war und überhaupt nichts Festes wollte. Dann habe ich auf Tinder jemand anderen kennengelernt, wir haben uns vor drei Wochen im Park getroffen. Wir daten ganz normal, aber ich habe ein etwas ungutes Gefühl. Der Typ macht super viel mit anderen Leuten und seiner WG, die sich nicht an die Regeln hält. Ich weiß, dass das nicht so gut ist, aber ich treffe ihn trotzdem. Er hat schon bei mir gepennt und ich bei ihm. Wenn einer von uns Corona hatte, wäre der andere ganz sicher auch schon infiziert. Von diesem Dating geht auf jeden Fall eine größere Gefahr aus.

*Die Namen wurden von der Redaktion geändert.

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