Akademischer Senat: Neuwahl in der Pandemie

Am 18. und 19. Mai werden die Mitglieder des wichtigsten Unigremiums neu gewählt. Auch Studierende können ihre Vertreter*innen neu bestimmen. FURIOS hat für euch alle Infos zur Wahl und den antretenden studentischen Listen gesammelt.

An der FU wird der akademische Senat neu gewählt. Illustration: Luise Schricker

Der Akademische Senat (AS) ist das formal wichtigste Gremium an der Freien Universität. Er fasst Beschlüsse zu wichtigen Entscheidungen an der Universität, etwa dem Studienangebot, Rechtsverordnungen oder Fragen der Forschung. Der AS setzt sich aus 13 Professor*innen sowie je vier Mitgliedern der anderen Statusgruppen – Studierende, Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Nichtwissenschaftliches Personal – zusammen. An dieser ungleichen Stimmverteilung zwischen den Statusgruppen wird vor allem von Studierenden regelmäßig Kritik geübt und stattdessen eine Viertelparität gefordert. Der AS tagt einmal monatlich, die Sitzungen sind grundsätzlich öffentlich.

Die anstehenden Wahlen

Alle zwei Jahre haben alle Hochschulmitglieder die Möglichkeit, die Vertreter*innen ihrer Statusgruppe neu zu wählen. Diese Wahlen finden dieses Jahr am 18. und 19. Mai  statt. Unter Einhaltung der geltenden Hygieneregeln (u.a. MNS-Pflicht, Abstände und begrenzte Personenanzahl, aber keine Testpflicht) wird an diesen Tagen eine Urnenwahl im Wahllokal des eigenen Fachbereichs möglich sein. Aufgrund der Pandemie soll aber auch die Briefwahl vereinfacht werden. Ein Antrag auf Briefwahl kann bis zum 12. Mai gestellt werden, die Unterlagen werden an die bei der Univerwaltung hinterlegte Privatadresse geschickt.

Die Kandidat*innen für den nächsten AS haben sich zu Listen zusammengeschlossen, die mit einem gemeinsamen Programm antreten. Um die Entscheidung am Wahltag (oder das Ausfüllen der Briefwahlunterlagen) leichter zu machen, haben wir den studentischen Listen drei kurze Fragen gestellt. Hier sind ihre Antworten:

Offene Liste/FSIen

Wer seid ihr?

Ganz einfach: Parteiunabhängig! Studierendenorientiert! Links!

Wir wollen parteipolitisch ungebunden sämtliche Studierenden vertreten und nicht nur eine “exzellente” Elite. Als breites Bündnis basisdemokratischer Fachschaftsinitiativen versuchen wir möglichst viele Studierende mit unserer Liste zu repräsentieren. Unsere Kandidat*innen decken ein buntes Fächerspektrum aus den Sozial-, Geistes- und Naturwissenschaften ab. Wir setzen uns für eine diskriminierungsfreie Lern- und Lehrumgebung an der Uni ein und arbeiten aktiv darauf hin Ausschlüsse und Benachteiligungen abzubauen.

Welche Ziele möchtet ihr im AS umsetzen?

Studierende werden im AS selten gehört und vom Präsidium oft ignoriert. Das gilt es über eine Reform des Berliner Hochschulgesetzes und eine gleichberechtigte Stimmverteilung aller Statusgruppen (Viertelparität) in den universitären Gremien zu ändern!

Wir fordern insgesamt weniger Prüfungen und mehr studentische Tutorien. Wir sind gegen eine Anwesenheitspflicht und unterstützen unbeschränkte Prüfungswiederholungen. Als Vertreter*innen der Fachschaftsinitiativen stehen wir in besonders direktem sowie engem Austausch mit den Studierenden und dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Aus dieser besonderen Position heraus fordern wir mehr Sensibilität für die Lage der Studierenden, gerade während der Pandemie! Statt neoliberaler “Diversity”-Konzepte wollen wir eine Antidiskriminierungspolitik, die diesen Namen verdient. Dazu gehört zum Beispiel eine Umbenennung des Henry-Ford-Baus, antirassistische Lehre, bürokratiearme Namensänderungen für trans*- und inter*- Studierende sowie die Schaffung und Stärkung von Anlaufstellen für von Diskriminierung betroffene Personen.

Warum sollten sich Studierende an den anstehenden AS-Wahlen beteiligen?

Der Akademische Senat ist das höchste hochschulpolitische Gremium der Universität. Hier wird zum Beispiel das Präsidium gewählt und auch die Rahmenstudien- und Prüfungsordnung beschlossen. Sich an der Wahl zu beteiligen, bedeutet somit eines der wenigen, aber auch der wichtigsten, demokratischen Rechte an dieser Universität wahrzunehmen.

Durch die anstehende Änderung des Berliner Hochschulgesetzes steht an der FU in der kommenden Legislatur ein Grundordnungsprozess an. Das heißt, dass die FU sich eine “Verfassung” geben muss. Dort ist es besonders wichtig demokratische Prinzipien zu verankern und Weichen für die nächsten Jahre zu stellen.

Grüne Hochschulgruppe/Jusos

Wer seid ihr?

Wir sind eine gemeinsame Liste, bestehend aus der Juso und der Grünen Hochschulgruppe. Somit verlängern wir unsere Partnerschaft aus der letzten Wahlperiode und setzen uns weiterhin für euch im Akademischen Senat ein. Unsere Liste ist abwechselnd mit Kandidat:innen aus der GHG und der Juso HSG besetzt. Die Spitzenkandidatin ist Selma Lewerenz (GHG), auf Listenplatz zwei ist Ronja Kölpin (Jusos). Unabhängig von Wahlergebnis steht fest: Das Wahlprogramm wurde zusammen ausgearbeitet, deshalb wird es kein „GHG“ oder „Juso-Jahr“ geben, sondern zwei Rot-Grüne-Jahre.

Welche Ziele möchtet ihr im AS umsetzen?

Unsere Hauptforderungen drehen sich um die Stärkung der Selbstbestimmung der Studis. Dazu zählen die Abschaffung der Anwesenheitspflicht, eine Reevaluation der Regelstudienzeit und die generelle Aufzeichnung von Vorlesungen, auch nach der Pandemie. Wir wollen, dass Studis ihr Studium flexibel gestalten können und neben den Lehrveranstaltungen noch Zeit für Nebenjobs, soziales bzw. ehrenamtlichen Engagement, Familie und Freunde haben.

Außerdem ist uns die Diversifizierung der Lehre und Forschung ein wichtiges Anliegen. Dazu gehört auch die Aufarbeitung kolonialer und antisemitischer Wissensproduktion (Stichwörter HFB und Ihnestr. 22).Darüber hinaus setzen wir uns für mehr Gruppenarbeitsräume in den Bibliotheken, mehr Steckdosen in Vorlesungssälen und Seminarräumen und die Schaffung von Ruheräumen ein. Abschließend fordern wir die Wiedereinführung der uniübergreifenden Bibliothekszugänglichkeit in der Pandemie. Begründungen für alle obigen und weitere Forderungen findet ihr auf unserer Website.

Warum sollten sich Studierende an den anstehenden AS-Wahlen beteiligen?

Der Akademische Senat ist das höchste direkt gewählte Gremium der FU. Es ist also mit Abstand das wichtigste Gremium. Die Wahlbeteiligung ist aber marginal (2019 lag sie bei 3,79%) und den Studierenden stehen sowieso schon wenig Plätze zu. Eine hohe Wahlbeteiligung würde den gewählten Vertreter:innen eine höhere Legitimation geben, welche von der Professoralen Mehrheit ernst genommen werden müsste. Auch die rege Beteiligung an der studentischen Vollversammlung hat gezeigt, wie sehr sich Studis – auch im „Kreativsemester“ – in den demokratischen Prozess der Hochschule einbringen wollen.

ONCE

Wer seid ihr?

Wir sind Studierende verschiedener Fachbereiche (primär Rechtswissenschaft, Tiermedizin und PolSoz), die sich gerne mit Hochschulpolitik auseinander setzen. Neue Gesichter sind immer willkommen 🙂

Welche Ziele möchtet ihr im AS umsetzen?

– Schreibt uns Eure Wünsche – wir geben unser Bestes!

– Studierendenfreundliche Prüfungsformate während Corona. Das heißt auch, dass die Möglichkeit – aber kein Zwang – bestehen sollte, Präsenzprüfungen (Praxis an Tieren bei Vetmed/Labortests/ Sprachtests) durchzuführen.

– Bessere Prüfungsbedingungen bei Wiederholungsversuchen auch nach Corona beibehalten. Hier konnten wir schon in den letzten 2 Jahren eine Kommunikationsleitung sein und Studierende unterstützen, die letzte Prüfung zum Abschluss schneller zu absolvieren. Deshalb fordern wir auch nach Corona die Aufhebung der Präsenzpflicht und die Erhöhung der Prüfungsversuche

– Fachbereichsübergreifende Veranstaltungen nach Corona fördern

– Gleichberechtigung (Geschlechter/Statusgruppen) an der Universität fördern

Warum sollten sich Studierende an den anstehenden AS-Wahlen beteiligen?

Die gestiegene Wahlbeteiligung beim letzten Mal verhalf den Studierenden die Chance wieder in allen Kommissionen des Senates präsenter und progressiv mitzuarbeiten. Eine hohe Wahlbeteiligung, sowohl aktiv als auch passiv, fördert auch die Glaubwürdigkeit der Studierenden bei repräsentativen Statements. Die nächste Wahl hat auch Einfluss auf die Zusammensetzung des Präsidiums der Freien Universität.

Es bringt nichts auf einer Viertelparität zu harren und wegen Nichtvorhandensein dieser eine Politikverdrossenheit zu begründen. Auch (manchen) Mitgliedern anderer Statusgruppen liegt das Wohl der Studierenden am Herzen und deren Engagement für uns Studierende ist mindestens ebenbürtig.

Wir können auch jetzt schon kleine, aber doch bedeutende Erfolge mit gegenseitiger Unterstützung feiern.

Erwähnt sei hier die Einführung des integrierten Bachelor of Laws, dessen Initiierung im Wesentlichen von den anderen Statusgruppen kam, Studierende von ONCE aber aktiv bei der politischen Umsetzung helfen konnten. Es geht nur miteinander.

Grüne Liste (GAL)

Wer seid ihr?

Wir treten an, um die studentischen Interessen aus einer kritischen studentischen Perspektive zu vertreten. Wir sind parteiunabhängig und alle schon lange hochschulpolitisch engagiert, haben Erfahrung mit der Arbeit im Akademischen Senat und sind u.a. bei Fridays for Climate Justice FU Berlin (FU4CJ) aktiv. FU4CJ hat die Vollversammlungen und die Public Climate School (PCS) mitorganisiert, die erst dazu geführt haben, dass die FU den Klimanotstand ausgerufen hat. Auch zum Thema Nachhaltigkeit handeln wir völlig unabhängig von Parteiprogrammen.

Welche Ziele möchtet ihr im AS umsetzen?

Nun, nachdem sich die Uni des Problems angenommen hat und Konzepte für Klimaneutralität ausarbeiten wird, wollen wir daran mitwirken und uns dafür einsetzen, dass die Vorsätze der Uni zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit auch umgesetzt werden. Dabei sind wir entschieden gegen Greenwashing und Green Capitalism und für die Entwicklung und  Umsetzung echter und verbindlicher Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategien.

Ebenso engagieren wir uns für echte Antidiskriminierungs-Arbeit an der Uni, die nicht allein der PR dienen soll. Außerdem setzen wir uns für mehr Demokratie an der Universität ein, Stichwort Viertelparität. Wir treten für selbstbestimmtes Studium ein, das von den Studierenden flexibler gestaltet werden kann, und sind gegen eine Anwesenheitspflicht. Und wir machen uns für die Wiedereinführung von studentischen Projekttutorien stark.

Warum sollten sich Studierende an den anstehenden AS-Wahlen beteiligen?

Es ist wichtig, von unserem Wahlrecht Gebrauch zu machen, um eine starke, kritische und  unabhängige studentische Vertretung in den universitären Gremien wie dem Akademischen Senat zu bekommen, die sich für die Interessen der Studierenden einsetzt. Gerade während der Covid-19-Pandemie ist es deutlich geworden, wie wichtig es ist, immer wieder auf die teilweise prekäre und besonders schwierige Situation der Studierenden aufmerksam zu machen. Nur wenn wir gewählt werden, können wir uns für unsere genannten Ziele im AS einsetzen. Und je höher die Wahlbeteiligung ist, desto stärker ist unsere Legitimität.


Weitere Infos zu den hochschulpolitischen Gremien findet ihr auch in unserem Hochschul-ABC.

Autor*innen

Julian Sadeghi

Einer der Julian Sadeghis dieser Welt.

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