weStudents – von Studierenden zu Influencer*innen

Wer der FU in den sozialen Medien folgt, bekommt dort die weStudents zu Gesicht – sozusagen als universitätseigene Influencer*innen. In kurzen Videos präsentieren sie das Leben in Berlin und auf dem Campus durch ihre Linse. Clara Baldus hat mit zwei von ihnen gesprochen und bei der FU nachgehakt, was und wer damit eigentlich erreicht werden soll.

Die weStudents bespielen die offiziellen Accounts der FU auf Instagram und Youtube. Illustrationen: genial.ly, Montage: FURIOS.

Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt, eine Tour durch die Bibliothek oder eine Verkostung des Mensa-Essens – die weStudents nehmen Abonnent*innen des offiziellen FU-Accounts per Video zu verschiedenen Aktivitäten in Berlin und auf dem Campus mit. Zu sehen gibt es dies auf Instagram und Youtube. Während die Youtube-Videos nur selten 100 Klicks erreichen, werden die Beiträge auf Instagram teilweise bis zu 8.000 Mal aufgerufen. Alle Inhalte werden auf Englisch verfasst, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen.

Wer sind die weStudents?

Bereits seit 2019 engagiert die FU eine Handvoll Studierender als ‚studentische Botschafter*innen’, um ihre offiziellen Social Media Kanäle zu bespielen. In diesem Wintersemester gibt es sechs von ihnen. Den Namen weStudents haben sie sich selbst gegeben. Während die eine Hälfte von ihnen aus Deutschland kommt, handelt es sich bei den anderen drei um internationale Studierende aus Belarus, Brasilien und den Vereinigten Staaten. Sie arbeiten acht Stunden die Woche und die Vergütung orientiert sich nach Angabe der Uni an TVStud III, dem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte.

Eine von ihnen ist Jasmin. Sie ist 21 Jahre alt, in Berlin aufgewachsen und studiert Biochemie im Bachelor. Von der Möglichkeit, studentische Botschafterin zu werden, hat sie über eine Rundmail erfahren. „Ich bin ehrlich, bevor ich auf die Ausschreibung gestoßen bin, hatte ich gar keine Ahnung, dass das Projekt überhaupt existiert”, erzählt sie. Da Jasmin seit längerem Interesse an sozialen Medien hat und schon im Vorhinein auf ihrem privaten Account sehr aktiv war, wollte sie sich diese Chance nicht entgehen lassen. Auch Rafael hat sich erfolgreich als studentischer Botschafter beworben. Er ist 29 Jahre alt, kommt aus Brasilien und steht kurz vor dem Abschluss seines Doppel-Masters in North American Studies und Iranian Studies.

Die Pressestelle der FU gibt an, beim Auswahlprozess der Botschafter*innen werde darauf geachtet, „ein möglichst diverses Team zusammenzustellen.” Auch Jasmin und Rafael betonen, dass ihr Team bunt gemischt sei. „Sie haben darauf geachtet, individuelle Charaktere zu finden und das haben sie auch geschafft. Wir sind alle total unterschiedlich: Ich trage zum Beispiel Kopftuch und bin in Deutschland aufgewachsen, andere kommen aus dem Ausland. Manche von uns sind ganz neu an der Uni während andere schon im Master studieren und wir kommen alle aus verschiedenen Fachbereichen“, erzählt Jasmin. 

Wozu das Ganze?

„Meine Motivation in diesem Projekt ist, zu zeigen, was es bedeutet, ein internationaler und insbesondere auch brasilianischer Studierender in Berlin zu sein”, erzählt Rafael. „Bislang gibt es an der FU kaum Perspektiven von internationalen Studierenden und wenn doch, sieht man kaum Menschen aus Südamerika, sondern hauptsächlich Europäer*innen.” Konkret gestaltet sich das dann so, dass Rafael in einem Youtube-Video davon berichtet, wie es für ihn war, als Brasilianer nach Berlin zu kommen oder dass er darüber informiert, welche bürokratischen Hürden bei der Bewerbung auf einen Doppel-Master überwunden werden müssen.

Jasmin erinnert sich noch, wie schwer es für sie selbst war, bei der Studienplatzsuche an die gewünschten Informationen zu kommen. Dies will sie als studentische Botschafterin anderen nun erleichtern: „Ich will neuen Leuten mit meinen Erfahrungen dabei helfen, die Entscheidung zu treffen, ob sie an die Freie Universität gehen wollen.” In ihren Videos will sie einen möglichst authentischen Einblick in das Studierendenleben in Berlin geben. Wer zuschaut, begleitet sie virtuell zu einer Lerneinheit in der Mensa oder zu einem ‚Hotspot ’, wie sie sagt, beispielsweise einem hippen Cafe. 

Das Ziel der FU vermuten die beiden darin, ein möglichst breites Publikum anzusprechen und als potenzielle Studierende zu gewinnen. Die Pressestelle legte die Zielsetzung der Universität auf Anfrage von FURIOS wie folgt dar: „Studieninteressierten und Studienanfänger*innen, die sich an der Uni (noch) nicht auskennen, sollen dadurch neben den offiziellen Informationen der Universität auch einen Einblick in das Leben als Studierende an der Freien Universität Berlin aus Sicht anderer Studierender bekommen.”

Platz für eigene Ideen

Bei der Themenwahl werde den studentischen Botschafter*innen viel Freiraum gewährt. Außer dass der Content vor allem für Studieninteressierte und -anfänger*innen relevant sein soll, erhalte das Team keine Vorgaben, heißt es seitens der FU. Diese Aussage deckt sich mit den Wahrnehmungen von Rafael und Jasmin. Ihre Ideen haben sie selbst schon mitgebracht und zu Beginn gemeinsam ein Konzept erarbeitet. Für Rafael ein großer Pluspunkt: „Mir gefällt, dass wir die volle Kontrolle darüber haben, was wir drehen wollen. Alle unsere Vorschläge wurden akzeptiert, sogar das Poledance-Video war in Ordnung, mit dem wir auf Angebote des Hochschulsport aufmerksam machen wollten.”

Kein Platz für Kritik?

Beim Durchklicken der mit dem weStudents-Logo versehen Inhalte fällt auf, dass kritikwürdige Themen überhaupt nicht aufgegriffen werden. Dabei hatte die FU im Wintersemester einige Kontroversen zu bieten, die Causa Bör oder die Nutzung des rechtswidrigen Videokonferenzdienstes Cisco Webex seien hier als Beispiele genannt. Allgemein zeigt sich: Politische oder gesellschaftlich relevante Themen? – Fehlanzeige.

Auf Nachfrage, ob die weStudents die Uni denn kritisieren dürfen, räumt Rafael ein: „Ich denke schon, dass wir das könnten. Aber keine*r von uns hatte Interesse daran. Es geht hauptsächlich um den Unterhaltungsfaktor.” Seitens der FU heißt es, die Studierenden würden „ermuntert, ihren Unialltag in den Beiträgen ehrlich und differenziert darzustellen.” Auch kritische Beiträge seien demnach erlaubt, allerdings würden tagesaktuelle Themen aufgrund dessen, dass das Konzept zur Planung der Beiträge schon zu Beginn erarbeitet wurde, eher nicht aufgegriffen.

Fortsetzung folgt

Die FU zieht aufgrund angeblich überwiegend positiver Rückmeldungen und der teilweise hohen Anzahl an Anrufen der Beiträge auf Instagram bislang eine gute Bilanz und wird daher auch künftig studentische Botschafter*innen engagieren. Jasmin jedenfalls würde das Programm Social Media-Interessierten weiterempfehlen: „Im Großen und Ganzen hat es echt Spaß gemacht. Man lernt viel und trifft neue Leute.” 

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