Präsidialwahlen: Ziegler mit großer Mehrheit wiedergewählt

Der erweiterte Akademische Senat hat den FU-Präsidenten Günter Ziegler mit überraschend großer Mehrheit im Amt bestätigt. Nach den internen Konflikten der letzten Monate zeigen sich viele erleichtert. Valentin Petri berichtet.

Der wiedergewählte Amtsinhaber gab sich in seiner Bewerbungsrede selbstbewusst. Foto: Bernd Wannenmacher

Die Präsident*innenwahlen an der FU haben einen überraschend eindeutigen Sieger hervorgebracht. Mit großer Mehrheit wurde der amtierende Universitätspräsident Günter Ziegler am vergangenen Mittwoch wiedergewählt. 46 der 61 Mitglieder des erweiterten Akademischen Senates (eAS) stimmten für Ziegler. Auf seine Kontrahentin Beatrix Busse entfielen 14 Stimmen. Das Rennen zwischen den beiden Kandidierenden galt als offen, es wurde ein knappes Wahlergebnis erwartet. Viele Mitglieder des Wahlgremiums zeigten sich deshalb von der Eindeutigkeit des Ergebnisses überrascht. 

Unter dem Motto „Wem gehört die Uni?” hatten sich schon vor Sitzungsbeginn mehrere Dutzend Studierende zu einer Kundgebung zusammengefunden, bei der sie eine Reihe von Missständen, insbesondere im Pandemie-Management der Universitätsleitung, anprangerten. Das Bündnis linker studentischer Gruppen, des AStA und der Vollversammlung trug die 41 Forderungen der studentischen Vollversammlung zu Beginn der Sitzung auch vor dem versammelten Wahlgremium vor. Im Austausch mit Präsidium und eAS wurde einvernehmlich vereinbart, die Forderungen der Studierenden ausführlich im Rahmen der nächsten AS-Sitzung am 2. März zu diskutieren. 

Unter dem Motto „Wem gehört die Universität” hat ein Bündnis linker studentischer Gruppen die Forderungen der Vollversammlung vorgetragen. Foto: Valentin Petri

Busse: „Erneuerung tut Not“

Die Herausforderin Beatrix Busse, derzeit Prorektorin für Studium und Lehre an der Universität Köln, problematisierte die Zustände an der FU in ihrer Bewerbungsrede und präsentierte sich als Erneuerin. Der wertschätzende Umgang sei an der Uni derzeit aus den Fugen geraten: „Erneuerung tut Not.“ Sie appellierte an die eAS-Mitglieder, sich mit ihr „als Frau und als Professorin, die nicht aus der Mitte der FU kommt“, auf den Weg zu machen. „Ich stehe für den Neuanfang, mit dem Blick von außen, alle Zauber inbegriffen.”

Unter dem Motto „For Us All“ präsentierte Busse selbstbewusst ein breites Programm mit Zielsetzungen für ihre Amtszeit. Schwerpunkte legte sie auf die Lehrkräftebildung und die „alternativlose Dringlichkeit einer neuen Universitätskultur“. In den ersten 100 Tagen werde sie vor allem zuhören.

Insgesamt war das Programm ausgefeilter als in der ersten Vorstellungsrunde im Dezember, blieb an vielen Stellen jedoch weiterhin vage. Von Seiten des Wahlgremiums wurde anerkannt, dass sich Busse erkennbar intensiv mit den Themen und Anliegen der Universitätsmitglieder auseinandergesetzt habe. Gleichzeitig aber wurde auf die größtenteils unklare Finanzierung ihrer Pläne verwiesen. Auf Nachfrage distanzierte Busse sich erstmals öffentlich von der umstrittenen FU-Kanzlerin Andrea Bör. Nach den vielen Gesprächen an der Universität sei klar: „So funktioniert es nicht mehr. Das Vertrauen ist nicht mehr da.“ 

Präsident mit „Wumms und Würde“

Der Amtsinhaber zog gleich zu Beginn seiner Bewerbungsrede eine präsidiale Analogie und zitierte Die ZEIT. Diese hatte anlässlich der Wiederwahl des Bundespräsidenten getitelt, für das Amt brauche es „Wumms und Würde“. Im Gegensatz zu seiner Konkurrentin zeigte er sich mit Blick auf die Zustände an der Universität wesentlich optimistischer. Er spüre eine „Aufbruchsstimmung“ an der Uni. Auch was seine eigene Position angeht präsentierte sich Ziegler selbstsicher. „Ich fühle mich unterstützt aus der Breite der Universität.“

Als Ziele für eine nächste Amtszeit betonte auch Ziegler die Notwendigkeit spürbarer Wertschätzung an der FU. Weiter legte er einen Fokus auf die Entwicklung des Campus als Wissenschaftsstandort und das Profil der Universität. Er bezog sich unter anderem auf die Exzellenzstrategie und den Verbund mit anderen Berliner Hochschulen und europäischen Partneruniversitäten.

„No fake smiles, No hidden agendas“

Für die ersten 100 Tage sei insbesondere das Team-Building im neuen Präsidium wichtig. Vor diesem Hintergrund präsentierte Ziegler auch den Entwurf für einen neuen Ressortzuschnitt des Präsidiums, das er in Zukunft sehr viel kollegialer führen wolle. Als Neuerung stechen dabei hervor, dass Ziegler wohl einige Bereiche, die bislang vorrangig bei der Kanzlerin lagen, in die Zuständigkeit eine*n Vizepräsident*innen oder eines*r besonderen Präsidiumsbeauftragten übertragen möchte. Damit scheint Ziegler Konsequenzen aus dem Machtkampf mit Bör zu ziehen, der das Präsidium die letzten Monate gelähmt haben soll.

In den Wortmeldungen und Fragen der eAS-Mitglieder wurde deutlich, dass sich viele einen „Neustart“ wünschen und die FU weiterhin im „Krisenmodus“ sehen. „Uns als Krisenuniversität zu bezeichnen, damit reden wir unsere Universität kaputt.“, entgegnete Ziegler. „So wie ich an Sachen herangehe, können wir aus meiner Sicht auch an Konflikte herangehen“, betonte er erneut selbstsicher. Wie zum Beweis holte Ziegler eine Streichholzschachtel aus dem Jackett. „No fake smiles, no hidden agendas“, wie es auf der Schachtel stand, das sei sein Motto.

Spürbare Erleichterung

Insgesamt war nach Verkündung des Wahlergebnisses eine große Erleichterung im Raum spürbar. Ziegler zeigte sich beeindruckt von dem entgegengebrachten Vertrauen und bedankte sich bei Busse „für den fairen Wettkampf und das Engagement“. Auch der unterlegenen Kandidatin wurde große Wertschätzung zuteil. Unter dem herzlichen Applaus des Plenums bedankte sich Busse für den Prozess, der der größte Lernprozess in ihrer Karriere und sicher auch für die FU gut gewesen sei. 

Die Mitbewerberin Beatrix Busse gratuliert Günter Ziegler zu seiner Wiederwahl. Foto: Bernd Wannenmacher

Im Gespräch mit FURIOS erklärt sich ein Mitglied des Wahlgremiums das eindeutige Ergebnis mit einer Dynamik, die sich zuletzt in den internen Gesprächen zwischen den Listen im eAS entwickelt habe. Mit diesen habe man versucht Streitigkeiten zu überbrücken, die seit Längerem zwischen den Listen im AS bestehen und insbesondere durch die Affäre um FU-Kanzlerin Bör verstärkt wurden.

Wieder zu Inhalten kommen

Die Positionierung zur umstrittenen FU-Kanzlerin sei ein wichtiger Faktor für das Wahlergebnis, meinen einige eAS-Mitglieder. Hier lässt sich vermuten, dass Busses Distanzierung von Bör für viele zu spät oder wenig überzeugend kam. Fast alle Listen im AS haben inzwischen deutlich gemacht, dass sie keine Zukunft für Bör an der FU sehen. Deshalb kann man davon auszugehen, dass es im Interesse der meisten AS-Mitglieder ist, dass sich die Frage um die Zukunft der Kanzlerin zeitnah zu klärt. Eine zweite Amtszeit Ziegler dürfte den Druck diesbezüglich erhöhen.

Viele Gremienmitglieder hegen die Hoffnung, dass nach dem Ende der Präsidialwahlen wieder verstärkt Inhalte in den Fokus rücken. In dieser Hinsichtsei die Wahl hoffentlich ein Anstoß für den Gewählten wie auch für die Wählenden, meint ein eAS-Mitglied. Doch mit Personalfragen wird man sich an der FU und im AS sicher auch noch in den nächsten Monaten weiter beschäftigen müssen. Es gilt gleich vier Vizepräsident*innen zu besetzen, für die Ziegler in den nächsten Wochen geeignete Kandidat*innen finden muss. 

Mehr Informationen und Hintergründe zur Wahl findet ihr hier. FURIOS hat beide Kandidat*innen für ein Interview angefragt. Beatrix Busse hat ein Gespräch mit FURIOS geführt, jedoch die Veröffentlichung eines Interviews abgelehnt. Hier gibt es einen Überblick ihrer Positionen. Das Interview mit Günter Ziegler findet ihr hier.

Autor*in

Valentin Petri

Verbringt seine Zeit gerne in stickigen und langwierigen Sitzungen und schreibt über Hochschulpolitik.

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