Re*action – ein queerfeministisches Festival in Potsdam

Was bedeutet Geschlechtergerechtigkeit und ein Leben in patriarchalen Strukturen sowie der Kampf dagegen? Mit solchen Fragen und vielen mehr hat sich das Re*action-Festival der Fachhochschule Potsdam auseinandergesetzt. Laura Vossen war dabei.

Die Flyer des Festivals. Foto: Anouschka Elle

Sexismus, Diskriminierung und Unterdrückung der LGBTIQ*-Community sind noch immer Teil unserer Realität. Die FH Potsdam veranstaltete vom 22. bis zum 24. April 2022 das Festival Re*action und diskutierte genau diese Themen.

Organisiert wurde das Ganze von Studierenden im Rahmen eines einjährigen Seminars des Studiengangs Kulturarbeit und ist mit der Zeit für alle Beteiligten eine wahre Herzenssache geworden. Ziel der Studierenden war es, auf queerfeministische Anliegen aufmerksam zu machen und einen sicheren und inklusiven Raum des Austauschs und der Reflexion zu schaffen.

„Vom Sturz des Patriarchats“

Gestartet hat das Festival mit Carolin Wiedemann, Soziologin und Journalistin, die sich unter anderem mit Geschlechterverhältnissen, Rechtspopulismus sowie Kollektivität und Subversion im Netz auseinandersetzt. In einer Lesung gab sie dem Publikum einen Einblick in ihr neues Buch Zart und frei: Vom Sturz des Patriarchats. Hierbei sprach sie über gegenwärtige Formen von Antifeminismus, über ‚moderne‘ Perzeptionen von Beziehungen und Romantik und wie etwa polygame Beziehungen die traditionellen Geschlechterrollen in Kleinfamilien infrage stellen. In Lese- sowie Diskussionsblöcken wurde sich gemeinschaftlich mit ihrem Buch auseinandergesetzt.

Verurteilte female pleasure

Nach einer kurzen Pause, um die Eindrücke sacken zu lassen, sich über das Gehörte auszutauschen und das eine oder andere Bier zu trinken, ging es weiter mit #Female Pleasure. Der Film handelt von fünf Frauen, die sich über kulturelle und religiöse Schranken hinwegsetzen und für sexuelle Aufklärung und Selbstbestimmung von Frauen einstehen. Aufgrund ihres Engagements werden sie bedroht und erfahren Verstoßung und Erniedrigung.

Die Sichtung hat den Tag abgerundet und die Teilnehmenden in den Abend und ihre Gedanken entlassen. Wer wollte, konnte noch eine Weile in den Räumlichkeiten der FH Potsdam verweilen, um gemütlich zusammenzusitzen und sich über die Lesung, den Film und auch anderweitig auszutauschen.

Feminismus: auch Männersache!

Am zweiten Tag konnten die Teilnehmenden eigene thematische Schwerpunkte setzen und entscheiden, mit welchen queerfeministischen Inhalten sie sich intensiver beschäftigen möchten. Von Workshops zur Auseinandersetzung mit Männlichkeit über queerfeministische Perspektiven zu Sex und das Gender Health Gap bis hin zu methodischen Herangehensweisen war alles dabei.

Das Kollektiv Zusammen für Gleichstellung organisierte den Workshop Männer als aktive Verbündete für Geschlechtergerechtigkeit.  Dieser startete mit einem reflektiven Part, in dem Sätze wie „Männer werden vom Feminismus unterdrückt“ oder „Safe Spaces sind ohne Männer“ sowie die Gefühle, die sie bei den Teilnehmenden ausgelöst haben, diskutiert wurden. Es folgte ein theoretischer Teil über verschiedene Männlichkeitsbilder und wie diese entstanden sind. Es wurde erörtert, warum Geschlechtergleichheit auch Männersache ist und inwiefern auch eben jene von ihr profitieren. Alles drehte sich um die Frage: Was kann der*die Einzelne tun, um zur Geschlechtergerechtigkeit beizutragen?

In gemeinsamer Sache

Queerfeminismus, Solidarität und ein respektvolles und empowerndes Miteinander blieben dabei nicht auf die Inhalte des Festivals beschränkt. Stattdessen spiegelten sich diese Punkte auch in den Strukturen wider. Während des ganzen Festivals war ein „Awareness-Team“ anwesend, bestehend aus Studierenden, welche im Vorhinein an einer  Schulung teilgenommen hatten und das ganze Festival über ansprechbar waren für Menschen, die sich unwohl fühlten oder bei Vorfällen, wie sexueller Belästigung oder Formen von Diskriminierung, Unterstützung brauchten.

Außerdem hat das Festival auch anderen queerfeministischen Gruppen und Organisationen eine Plattform geboten. Diese reichten von der von Studierenden entworfenen queerfeministischen künstlerischen Zeitschrift Phink über die Hochschulgruppe Perspektivwechsel, die sich für Veränderungen in der Architektur einsetzt, bis hin zum Verein Orgasmic Women in Potsdam, der unter anderem Projekte zu weiblicher Sexualität organisiert.

Aufgrund der inklusiven Atmosphäre musste sich auf dem Festival auch ohne Begleitung niemand alleine fühlen. Es gab auch zwischen den Veranstaltungen immer wieder die Möglichkeit, Menschen kennenzulernen, sich auszutauschen und das offene Miteinander zu genießen. Sowohl wer sich zuvor wenig als auch ausführlich mit queerfeministischen Themen ausgekannt hat, konnte etwas zum Nachdenken mit nach Hause nehmen. Das Re*action-Festival zeigte sich als offener Raum des Austauschs und der Reflexion sowie der Sicherheit und des Respekts.

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