Einmal Verantwortung für alle bitte!

Bundespräsident Steinmeier plädiert für eine soziale Pflichtzeit. Eine weitere Aufgabe, die junge Menschen übernehmen dürfen. Langsam reicht’s, findet Maj Pegelow.

Collage Ein Bild von einem Klimaprotest mit einem Schild mit der Aufschrift climate Action Now neben einem schlichten avatar, der Lasten auf den Schultern trägt und eine Schulabschluss kappe (wie in  den USA üblich) auf dem Kopf trägt.
Junge Menschen protestieren für Klimaschutz. Die Klimakrise ist wohl die schwerste Aufgabe, die die junge Generation zu schultern hat. Fotos: pixabay. Montage: FURIOS

Unsere Gesellschaft hat ein Problem: Wir schirmen uns voneinander ab, wir halten nicht mehr zusammen. So klingt es zumindest nach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Aber kein Problem ohne Lösung: Gerade biegen dürfen das frische Schulabgänger*innen mit einer sozialen Pflichtzeit. Die Idee des Bundespräsidenten soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Gemeinschaft, stärken. Der richtige Weg zum Ziel ist eine soziale Pflichtzeit aber nicht.

Von der Schule ins weniger freiwillige soziale Jahr

Schule beendet, ab ins Krankenhaus, Altenheim oder in eine Behinderteneinrichtung – hauptsache sozial. Die Debatte um eine Pflichtzeit in sozialen Einrichtungen kehrt immer wieder zurück. Aus den Reihen der Politik wird diese teilweise mit einer Selbstverständlichkeit geführt, dass es kaum zu fassen ist – ob vom Bundespräsidenten oder Berlins Bürgermeisterin Giffey.

Dabei spricht nichts gegen die Arbeit in sozialen Einrichtungen nach der Schulzeit. Viele Schulabgänger*innen entscheiden von sich aus, ein halbes oder ganzes Jahr einer sozialen Tätigkeit nachzugehen. Hier hat Steinmeier Recht: Es bringt einen Menschen in seiner Entwicklung weiter und das auch oft in eine soziale Richtung. Die Frage ist allerdings, ob eine soziale Pflichtzeit von 17- und 18-Jährigen die Gesellschaft aus ihrem unsozialen Loch ziehen kann. Vielmehr sind junge Menschen Personal. Einen Fachkräftemangel kann man aber nicht mit Teenagern ausgleichen. Das betonen auch viele Fachleute, wie beispielsweise Ver.di Chef Frank Werneke.

Bei der Debatte schwingt ein Vorwurf mit: Junge Menschen würden sich nicht sozial in die Gesellschaft einbringen. Das sorgt für Empörung. Waren es nicht die jungen Menschen unserer Gesellschaft, die sich während der Pandemie für ältere Generationen eingeschränkt haben? Dass das nicht leicht war und die Nachwirkungen auch immer noch zu spüren sind, sieht man besonders am Anstieg psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Oder der Klimawandel: Auch hier stehen junge Menschen einer Aufgabe gegenüber die  kaum zu bewältigen ist. Die sie aber bewältigen müssen. 

Dialog, aber bitte im Sinne der Lastenträger

Deutlich ist, dass es mehr Austausch zwischen Generationen und Blasen braucht. Aber nicht im Sinne Steinmeiers, sondern im Sinne derjenigen, die die Zukunft der jetzigen Politik ausbaden müssen. Vielleicht könnte man ein soziales Pflichtjahr anders bewerten, wenn junge Generationen etwas zurück bekommen. Diese fordern seit spätestens 2018, dass sich politische Entscheidungsträger*innen für ihre Belange interessieren und sich für ihre Zukunft einsetzen. Es dürfte niemandem unbekannt sein, dass dies bis heute nicht angemessen passiert ist – auch nicht vom selbsternannten Klimakanzler Scholz. 

Und vielleicht ist es das falsche Zeichen, das der jungen Generation gesendet wird, wenn der Bundeskanzler die Klimaproteste, die ihr so wichtig sind, öffentlich mit der NS-Herrschaft vergleicht. Das sorgt weder für eine konstruktive Debatte, noch für das Verständnis, etwas “zurückgeben” zu müssen. Es kann nicht zu viel verlangt sein, dass junge Menschen ihre Zukunft mitentscheiden dürfen und nicht über sie entschieden wird.

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